Achtung Grüne: Besser machen statt besser wissen!

Der Streit in der Ampelkoalition ist mir unerklärlich. Oder vielleicht anders: Er ist mir erklärlich durch die Tatsache, dass sich Parteien und ihre Papierform zu wichtig nehmen. Besser wäre es, wenn sie, in diesem Falle meine geschätzte grüne Partei, die Chance nutzen und den Streit dazu verwenden würde, ihre eigene Sicht auf die Dinge zu korrigieren. Denn was wir jetzt erleben, ist erst der Anfang. 

Es wird noch mehrere solche Kurskorrekturen geben. Denn wenn man die Strategien, mit denen man den Klimawandel verhindern und managen will, wird das nicht auf dem Weg gehen, den sich Grüne, NGOs und ihr akademisches Umfeld in langen Jahren ausgedacht haben. 

Und andere Wege könnten die Regierungspartner gemeinsam entwickeln. Jenseits von Parteiprogrammen. 

Was vor 20 Jahren richtig war, muss es jetzt nicht mehr sein!

Die grüne Klimastrategie ist eine Top Down Strategie: Es geht um die Einhaltung des 2 Grad Ziels (oder sind es jetzt 1,5, ich weiss es nicht) und dann wir durchgeplant, koste es, was es wolle. Die Industrie und der Energiebereich haben ihren Job weitgehend erledigt, da war es ja einfach (nicht für die), es ging immer nur darum, die Industrie- und Wirtschaftsfreundlichkeit, die latent im grünen Kernklientel vorhanden ist (Wissen kommt dort von NGOs, unabhängiger Wissenschaft und aus Partizipationsprozessen, auf keinen Fall von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren) zu befeuern. Und schon musste sich die Wirtschaft bewegen. 

Hat sie auch. Aber beim Wohnen und der Mobilität geht es an den Lebensstil; – und die Kosten. Und da hat das Grüne Auge seinen Blick auf einzelne Technologiearten geheftet. Strom beim Auto. Und Wärmepumpen beim Heizen. 

Wo bitte geht’s zum Ziel?

Beim eAuto glaube ich auch, dass der Weg grundsätzlich richtig ist. Aber das Unmittelbare, das macht doch keinen Sinn. Weder ist der Strom inzwischen schon alles “öko”, noch gibt es genug Leitungen, noch kann ich nicht erkennen, dass die notwendige Anzahl von Onshore-Windräder gebaut werden könnnten, noch werden die Trassen rechtzeitig fertig, noch gibt es genügend Stomzapfsäulen, noch genügend Autos im “menschlichem Maße”. Die Monstrümer (4,50 Längeplus, 2 m Breite), die jetzt ausgeliefert werden, vielleicht gefällt das ja Amerikanern oder Chinesen. Mir schwillt da der Kamm. Also sollte man die Zeiträume entspannter betrachten. 

Auch bei den Wärmepumpen: Neubau ja, bei einer Generalsanierung eventuell auch beim Altbau, aber diese Fixierung auf eine Technologie, die macht keinen Sinn. Zudem die Kosten explodieren, die “der Grüne” dann einfach per Subventionierung auffangen will, damit es sozialverträglich ist, und die Handwerker kommen auch nicht nach…… 

Dass nicht sein kann, was nicht sein darf

Bleibt noch ein Problem: Dass man dann nicht sagen kann, die sektorbezogenen, wahrscheinlich auch die sektorunabhängigen Klimaziele in den nächsten Jahren erreichen zu können. Das ist wahrscheinlich so.

Aber, Gedankenspiel: Selbst wenn Deutschland die erreichen würde, hätte das Auswirkungen aufs Weltklima? Nein, dazu ist Deutschlands Rolle zu klein. Ein bißchen erinnert das Ganze an das Armbindenelement der deutschen Nationalmannschaft in Katar. Sie hatten recht, wahrscheinlich jedenfalls, auf die Frage der Arbeitsbedingungen hinzuweisen. Ausstrahlung hätte das aber nur gehabt, wenn a) die Deutsche Mannschaft auf sportlich überzeugt hätte und wenn b) sie nicht irgendwie kleinlaut eingeknickt wäre. Weil sonst niemand wollte. 

Die spinnen, die Deutschen!

So erinnert das Alles ein bisschen an Asterix: Die spinnen, die Deutschen. Sie meinen, eine Ökoweltmacht zu sein, die allen sagen könne, wie es zu tun ist. Aber es schert sich niemand drum. 

Und wie erreichen wir die Klimaziele? Meine These ist ja: Das wissen wir heute noch nicht. Wir brauchen eine weltweite Revolution der Ingenieurwissenschaften, damit wir, so schnell es geht, Wohlergehen, auch für den globalen Süden und Klimaschutz durch technologische Entwicklungen, und vielleicht auch ein Umdenken in der Lebens- und Produktionsweise erreichen. Übrigens brauchen wir dafür auch die Kooperation mit China. Also etwas mehr “Dosierung” von Kritik, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt werden wir, trotz Kritik am politischen System, nicht einfach “blamen” können, wenn wir es mit dem Klima ernst meinen. 

What, if we’re wrong

Aber ausbuchstabiert ist das noch nicht. Robert Habeck hat ja in seinem letzten Buch begonnen mit einer Rückbesinnung auf Barack Obama: “What, if we’re wrong?”, stellte der die Frage, als er ins Weiße Haus kam. Grundsätzlich verfügt unser Vizekanzler also die Erkenntnisfähigkeit, sich zu korrigieren. Aber es müsste jetzt, im nächsten Schritt, diese Revision der eigenen Agenda auch einfordern, – und eben nicht von den Koalitionspartnern, sondern vom eigenen Umfeld. Und die Regierung müsste sich gemeinsam darauf verständigen, nicht “was”, sondern “wie” in den Mittelpunkt der Diskussion zu stellen, die Koalitionsvereinbarung in die Tonne treten und sich auf machbare und konsensuelle Vorgehensweisen (What’s next, what’s urgent, what’s common) zu verständigen. Es gibt viel zu tun im politischen Umfeld: Träge Verwaltung, Fehlende Innovationspipeline (Besser wäre mehr Attraktivität für Investoren anstatt immer neue Förderprogramme), Offenheit für neue technologische Ansätze. Mehr Interfusion von Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, weniger Lauschen auf NGOs, die ständig alles besser zu wissen meinen; – und doch nur am Rande stehen und denen, die es machen müssen, auf die Nerven gehen.  

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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