Was für eine Location, dachte ich, etwas genervt von der hippen Berliner Eventkultur. In die Hörsaalruine hatte HIMSS Europe eingeladen, um mit einem Neujahrsempfang die deutschsprachige DACH-Community zu launchen. Es war dann doch ein gemütlicher Ort (in der Charite), mit mal ganz anderen Menschen, nicht immer diese professionellen Gesundheits-Kulissenschieber (mal ein Modellprojekt mehr ins Licht, mal weniger), es war eher die Ingenieursriege, die Krankenhaus-IT-ler, die sich da versammelt haben.
Für die aber gab’s was zum Thema elektronische Patientenakte auf die Ohren.
Nach einer kurzen und sachlichen Einführung von Gastgeber Rainer Herzog moderierte HIMSS-DACH Direktorin und 42-Chefredakteurin Claudia Dirks durchs umfangreiche Programm. Oliver Schenk oblag die ernüchternde Aufgabe, eine Bestandsaufnahme durch das digitale “Slow Motion”-Land Deutschland zu machen. Obwohl: Wer ihm aufmerksam zuhörte, konnte erkennen, dass sich das Ministerium “under the counter” schon mal darauf vorbereitet, genauer hinzusehen: Was kann e-Health? Wo braucht es Grenzen, wo Kanalisasierungen? Und wer Schenk kennt, weiß, dass die Einladung zum Dialog auch ernst gemeint war. Ob Richtiges und Wichtiges tatsächlich in die Umsetzung kommen, entscheidet ohnehin die Politik. Und sicher nicht mehr in dieser Legislaturperiode.
Ein Effekt wurde schon beim Auftakt deutlich: Deutschlands Gesundheitsdenken wird es künftig schwerer haben, den Verstand an Deutschlands grenzen abzuschalten! Tschüß Potemkin! Jetzt kann das Bühnenbild wechseln.
Österreich kann’s!
Beim Blick aufs europäische Feld fällt auf: Andere tun’s! Trotz Schwierigkeiten. Und zwar gleich nebenan! Susanne Herbek, Geschäftsführerin der österreichischen ELGA konnte berichten: Wir sind live!. Österreich ist mein einer, in der Präsentation sehr überzeugenden Patientenakte gestartet. Erstmal die Kliniken. Und Step by Step werden auch die Niedergelassenen und andere einbezogen. Und alles in voller Verantwortung der Patienten. Gut gemacht!
Die Schweiz kann’s bald!
Das Schweizer Modell, von Stephan Hunziker, CIO der Kantonskliniken Luzern und Vorstand des Schweizer Medizininformatiker-Verbandes vorgestellt, braucht noch etwas länger. Eine aufwändige, dezentrale Struktur entspricht der kantonsorientierten Entscheiderstruktur des Bürgerschaft zwischen den Bergen (Learing: Widerständen ausweichen, wenn es geht). Die niedergelassenen Ärzte haben sich quer gelegt, so dass die elektronische Patientenakte 2017 im Klinikbereich starten wird.
Wer mehr wissen will: Die Schweiz hat eine eHealth-Vision 2025 und einen Einführungsplan für’s elektronische Patientendossier.
Deutschland kann’s? Noch immer nicht!
Arno Elmer, ehemaliger Chef der GEMATIK, Deutschlands eHeath-Titanic, blieb es vorbehalten, die Schlußlichtposition des High-Tech-Standorts Deutschlands zu karikieren. Eine neue Frage konnte er dabei beleuchten: Wie ist es möglich, die beiden eHealth Bereiche “Safe”, also erster Gesundheitsmarkt, rechtssicher, abrechenbar, “professionell” und den rapide wachsenden “Smart”-Markt, Consumer -und Lifestyle getrieben, verhaltensorieniert, möglicherweise auch kostenbewehrt, zusammen zu bringen?
Let’s go Niederlande!
Nachdem Rainer Herzog kurz die Idee der HIMSS DACH-Community vorgestellt hat, konnte Jan-Eric Slot, CIO Company Bernhoven Hospital in einem Schlußwort kurz die Erfahrungen aus anderen Communities reflektieren. Und am Rande, wir sollten da vor Neid erblassen, das Konzept des Bernhoven Hospitals anreisen. Dort ist es nämlich gelungen, mit zwei großen Versicherungen einen Vertrag zu schließen, mit dem es möglich ist vom bisherigen leistungsbezogenen Abrechungssystem abzurücken und eine pauschalisierte Vergütung zu erhalten. Patienteninteressen, nicht Honoraroptimierung soll künftig im Vordergrund der Klinik stehen, bei der die Ärzte übrigens inzwischen Mitgesellschafter geworden sind und deswegen am Gesamterfolg der Klinik partizipieren.
Anything goes! Denke ich mir dabei. Es geht schon, wenn man will. Immerhin, mit HIMSS-DACH wird der Blickwinkel größer.
Vielleicht hilft’s ja!. Schön wärs!