Oder: Warum eigentlich machen sich die Medien so überflüssig?
Jetzt schreiben sie wieder. Unsere Medien. Zwar nix verstanden, aber schon ganz engagiert. Schwere Niederlage für Claudia Roth. Ja, sie hat sich zur Wahl gestellt und hat verloren. Ja, es gab auch welche, die Rücktritt gefordert haben. Erstaunlich, wie wenige das waren, oder, meine Damen und Herren Journalisten?
Da hätte man schon mal anfangen können zu recherchieren. Wozu sind Journalisten denn sonst da. Hintergründe, heißt das. Aber Kampagne ist besser. Und Claudia Roth wollte man schon immer weg haben. Denn die nervt.
Aber Journalisten zu nerven ist kein Rücktrittsgrund. Bei einer Wahl zu verlieren ist auch nicht unbedingt ein Rücktrittsgrund. Aber nix verstehen, wäre für Journalisten schon mal ein Grund, den Schreibgriffel abzugeben.
Ich erinnere mich: Eine elende Spitzenkandidatinnendiskussion. Die Realos, übrigens schon längst kein Lager mehr aufgrund fehlender Inhalte, sondern eine Traditionsgesellschaft, so eine Art grüner Schützenverein, der sich immer kurz vor Bundesparteitagen trifft, um zu sehen, wer noch kommt, konnten sich nicht einigen. Nee, nicht schon wieder Renate, hieß es, aber sie hat die deutlichen Rufe nicht vernommen. Ja, wer denn sonst, hieß es auch. Kandidatinnenloses Patt. Dann der Ruf, dann eben nur Jürgen Trittin. Aber die Partei heißt Grüne, nicht ganz so einfach also, in einer Zeit, wo die CDU in ihren reiferen Jahrgängen schon Quote fordert, da einfach zum sagen, wir machen’s mal ohne. In dieser Phase hat Claudia Roth ihren Hut in den Ring geworfen, ein genialer Schachzug, um die Quote zu retten. Und die Selbstheilungskräfte der grünen Realos anzuregen.
Hat funktioniert. Genial. Danke, Claudia! Und dafür soll sie nun zurücktreten? Nee! Klar steht die (alte) rotgrüne Machergeneration jetzt vor der Generationsfrage. Jede(r) von ihnen, auch die, die sich für unersetzlich halten, tun gut daran, erst an ihre weitere Perspektive und dann an die Erhaltung ihrer Machtposition zu denken, aber deswegen soll Claudia zurücktreten? Nee. Wer sie kennt, weiß, dass ihre Beliebtheit nicht mit ihren Positionen zusammenhängt, sondern mit der menschlichen Aufrichtigkeit, mit der sie ihre Partei liebt und mitführt. Man muss sie als Außenstehender nicht lieben. Aber man sollte das verstehen, weil sonst kommen die Chefredakteure und Herausgeber der ganzen Medien auf die Idee, man könnte sich die Spesen zum Besuch grüner Parteitage auch sparen. Weil ja doch nichts verstanden wurde.
Also, liebe Journalisten, denkt doch mal nach. Oder, wenn ihr Politik machen wollt, geht in eine Partei. Ihr seid keine Mephistos, die die Welt gestalten, sondern Dienstleister Eurer Kunden, der Leser. Aber einen von denen, einen Intensivleser, habt ihr heute schwer enttäuscht. Das wird man ja wohl mal sagen dürfen.
Schöne Woche!