Kein Zweifel, der Aufstieg der AfD kann niemanden, der an Freiheit, Demokratie und Weltoffenheit interessiert ist, erfreuen. Aber die Frage ist: Was tun? Das Brandmauergerede und die klammheimliche Freude, wenn es ein AfD Kandidat bei Kommunalwahlen wieder nicht geschafft hat, hilft wohl nicht.
Ein paar Aspekte zur Bestandsaufnahme:
Auch Markus Söder kann die CSU nicht retten!
- Selbst der einzig etablierte Populist Markus Söder, muss das schlechteste Ergebnis der CSU seit ihrem Bestehen einfahren. Und was im Erregungssurfen rund um Aiwanger übersehen wurde: Neben 37% CSU und 15,8 % Freie Wähler kann sich auch noch die AfD mit 14,6 % etablieren. Macht zusammen eine satte Mehrheit.
- CDU/CSU können zwar vom Anti-Ampel-Trend profitieren, aber sich nicht als echte Alternative etablieren. Der Prozess, der in anderen Ländern schon länger im Gange ist, die Delegitimation der Parteiendemokratie alter Form, kommt jetzt auch in Deutschland an.
Warum? Und wer kann dem wie entgegnen?
Die Haltung zählt. Aber die ist schlecht!
Meine These ist ja, es geht um die Haltungsnoten. Während die linken und linksliberalen Parteien meinen, der Bürger, die Bürgerin wären rationale Wähler, die in Programme sehen und dann ihre Entscheidung treffen, sehe ich das längst nicht mehr so.
Es geht um Denkzettel!
Stattdessen wollen viele der “etablierten Politik” einfach einen Denkzettel verpassen.
- Die Talkshowdebatten interessieren sie schon länger nicht mehr, weil immer ausführlicher gesprochen wird, die Konsequenzen oder die Unterschiede zwischen den Parteien aber immer unklarer werden.
- Das Einzige, worauf sich alle Parteien “links” von der AfD verständigen können, ist die Brandmauer. Im Umkehrschluss: Wenn ich die Nase voll davon habe, dass viel gesagt, aber nichts von dem spürbar im Alltag ankommt, wenn nichts von dem, was geredet wird, in meiner Alltagssituation ankommt, dann weiß ich doch automatisch, was ein Denkzettel wäre.
- Bevor Argumente zum Tragen kommen, spielen Gefühle eine Rolle. Dass Politik und Medien längst zum Akademiker-Spielplatz geworden ist, (Über 80% der Politikmachenden, in der Bevölkerung etwas über 20%), lässt sich nicht so leicht ändern, ist aber ein wesentlicher Faktor im Entfremdungsprozess. Dass aber die Talkshowdebatten immer suggeriert wird, es gäbe eine Lösung, tatsächlich ändert sich aber nichts, daran liese sich doch etwas ändern.
Genauer:
Die Ampel? Gehampel!
Sprechen wir über die Ampel:
- Opposition dazu braucht es nicht. Sie ist sich selber Opposition genug. Deutsche wollen noch immer, dass Dinge erledigt werden, nicht ständig diskutiert werden. Aber den Eindruck muss der politische Zuschauer bekommen: Es geht nicht um Lösungen. Es geht ums recht haben.
- Die Ampel ist stolz, dass sie bereits 150(?), 160(?), 170(?) Gesetze gemacht hat. Aber diese Zahl ist ein Problem, nicht die Lösung. Denn sie bestätigt, dass der und die Bürgerin vor allem gegängelt werden soll. Aber Administration alleine ist keine Lösung.
- Dazu diese Schieflage an Themen. Veränderung gibt es allerorten. Die Medien transportieren die Probleme der gesamten Welt in unsere Wohnzimmer. Und die Bürgerinnen und Bürger vernehmen keine Antwort, die sie beruhigt oder mitnimmt. Stattdessen Kindergrundsicherung, Freie Geschlechterwahl (der Außeneindruck), Sprachpolizei.
- Seien wir ehrlich: Seit Angela Merkel, die wir für ihre ruhige Hand geschätzt haben, weg ist, zeigt sich, wie viele Fragen einfach unter den Tisch gekehrt oder mit Geld zugeschüttet wurden. Das bringt das rückblickend behagliche Bild doch erheblich ins Wackeln. Es bleibt nur ein stereotypisches „Wir schaffen das“.
- Die Fortschrittskoalition ist vollmundig gestartet. Eine neue Art von Politik sollte es sein, Aufbruch, Veränderung. Dass die beteiligten Parteien sehr unterschiedlich auf die Welt blicken, war bekannt. Man hat signalisiert, verstanden zu haben. Tatsächlich ist die hochumfängliche Koalitionsvereinbarung eine Ansammlung politischer Themen, die dazu geeignet sind, dass die Koalitionäre sich gegen sich selber verschanzen können. Motto: Gibst du mir nicht, kriegst Du auch nichts.
- So hat die FDP einen unfertigen, freilich auch völlig überdrehten Heizungsgesetzentwurf durchgestochen, der Rest ist bekannt. Die Retourkutsche: Familienministerin Paus mit ihrer Kindergrundsicherung. Da steht ja nur noch die Überschrift.
- Aber nein, trotzdem bleibt man bei den alten Narrativen: Ein Sparhaushalt (den Lindner will) vs. Kaputtsparen (wie es Grüne und Teile der noch stillhaltenden Sozialdemokraten betrachten). Tatsächlich wächst der Haushalt weiter rapide, nur dass es jetzt Sondervermögen heißt. Haben aber alle begriffen, dass es nur darum geht, den Blödesten unter den eigenen Wählern noch etwas zu präsentieren, was wie Erfolg aussieht.
Geben wir doch zu, dass die Politik heute gar nicht mehr so viel kann.
- Tatsache ist, dass es “die Politik” gar nicht mehr richten kann. Die “Häppchenlogik”, hier ein Förderprogramm, dort eine kleine (oder größere) Subvention wie der Industriestrompreis erzeugen weder Aufbruchstimmung, Dynamik, sondern führen nur dazu, dass alle kuschen. Auch die Industrie, und, wie die Autoindustrie, nach mehr Subventionen für sich selber fighten. Auch wenn das nicht mehr viel nutzt. International tätige Unternehmen verlagern parallel dazu auch in andere Länder, aus einer Vielzahl von Gründen: Absatzmarktnähe, mehr Dynamik, eine jüngere, “hungrige Bevölkerung”, bessere, weil umsetzungsorientierte Wissenschaften. Es gibt nicht den einen Grund. Sondern einige.
- Und dann bleibt noch das Sicherheitsbedürfnis und die Überfremdungsängste. Kann man verstehen, wenn Flüchtende hier geparkt, stillgestellt und “versorgt” werden. Nichts zu tun haben. Und sich ihre Geschäftsmodelle schaffen. Komplizierte Sache. Aber, das haben die Bürgerinnen und Bürger längst verstanden, all das, was diskutiert wird, greift nicht. Also greift man selber ein. Wir wissen. wie.
Was tun, wenn mehr als ⅓ der Bürger sich jenseits der Brandmauer tummeln?
Und jetzt? Was tun?
- Wer weiter nur auf die AfD einschlägt, die Brandmauer einfordert, wird scheitern. Denn die CDU unter Merz hat sich selber kastriert. Ein Schritt vor, ein Schritt zurück ist keine Politik. Wenn die CDU in Hessen und anderswo mit Grün koaliert und die CSU die Grünen als Hauptgegner ausrufen, scheitert das. Wenn Merz nach “klaren Ansagen” am Tag darauf jedesmal zurückrudert, ist die Glaubwürdigkeit futsch. Und überhaupt: Was macht eigentlich die CDU aus? Dass sie regieren kann? Na ja. Dass sie das kleinere Übel ist. Schon richtiger. Dass sie weniger Veränderung will. Man kann es sehen, wie man will: Nur kleineres Übel, keine Power aus eigener Substanz.
- Bei der FDP bin ich ratlos. Aber spätpubertäres Verhalten kommt einfach schlecht an.
- Die SPD ist bewundernswert ruhig, bisher. War zuvor zu sehr gebeutelt. Aber damit dürfte es jetzt vorbei sein. Aber mehr sozial gedachte Ausgabengesetze werden es nicht regeln können.
- Und die Grünen? Die haben jetzt den Ruf als führende Bürokratiepartei weg. Ist vielleicht nicht ganz richtig, immerhin haben sie eine Orientierung, nämlich, dass die Klimafrage nicht wartet und wir dringend was tun müssen. Aber ich glaube nicht, dass man die Klimafrage national, mit der Abarbeitung von “Grünen Tisch” Konzepten lösen kann. Sondern nur mit einer starken Wirtschaft, nur mit erfindungsreichen Ingenieuren, mit Unternehmen, die neue Produkte und Lösungen schaffen. Grün sollte mehr hinhören. Und zwar nicht nur in die eigene Partei, in die eigene Bubble, in der noch immer die Überzeugungen “Gemeinwohl wird nur in gemeinnützigen Institutionen geschaffen”, Wissenschaft muss unabhängig sein, oberster Glaubensatz ist. Nein, Erkenntnis muss umgesetzt werden, Neues setzt sich gegen Mehrheiten, gegen Mehrheitsentscheidungen durch. Und Innovatoren sind die letzten, die sich in unendliche Laberrunden setzen wollen. Sie wollen was tun. Wir müssen das nur zulassen!
Führung ist keine Parteiangelegenheit. Dazu braucht es Menschen, die führen wollen und ins Risiko gehen.
Was fehlt, ist Führung. Die Menschen sehnen sich nach Personen mit Profil, Haltung und Durchhaltevermögen. Nicht nach endlosen, zumeist verdrucksten Debatten.
Deswegen empfehle ich: Schmeißt Eure Koalitionsvereinbarung in die Tonne, sprecht laut aus, dass ihr verstanden habt. Und setzt euch zusammen und definiert, was prioritär ist (Entbürokratisierung, Deutschlandtempo überall) und macht das. Das kostet kein Geld, sondern nur, dass sich die Institutionen, die in eurer Verantwortung sind, ändern, mutiger werden, so wie ihr. Dazu klare Ansagen an eure eigenen Parteien, nicht weiter im eigenen Sumpf, den eigenen Gewissheiten zu dümpeln.
Dann kann es was werden.
Last Call! Wir bleiben gespannt. Wo bleibt das Angebot an uns alle, mit anzupacken?