Zum Schießbefehl der AfD. Und den never ending Flüchtlingsdebatten
AfD Petry will an Deutschlands Grenzen schießen lassen. Alle sind empört. Aber ich frage mich: Ist Empörung die richtige Lösung?
AfD Petry will an Deutschlands Grenzen schießen lassen. Alle sind empört. Aber ich frage mich: Ist Empörung die richtige Lösung?
In den vergangenen Wochen konnte man erkennen, wie schnell scheinbare gesellschaftliche Konsense zerfallen. Im Schnellschritt (nachdem das europäische Flüchtlingsthema europaweit mindestens ein Jahr ignoriert worden ist): Die Zahl der Flüchtlinge wächst, in Dresden, also dort, wo gar keine hinkommen (und noch niemand hingekommen ist) wird von Pegida demonstriert, die Kanzlerin macht nach einigen Zick Zacks (Palästinensermädchen und Selfi mit Flüchtlingen) ein freundliches Gesicht, der Rest der CDU, auf Umfragen schielend, ein weniger freundliches), Bund und Länder, immerhin, räumen die Haushalte um, um das Problem vor Ort zu lösen, und die Debattenmühlen laufen weiter.
Worum wird eigentlich debattiert?
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Man muss sich diese Rede anhören. Gibt's ja alles zum Nachhören. Das Erste ist ja, dass bei Angela Merkel deutlich wird, dass Politiker auch robust sein müssen. Aber dann: Die Rede…
Thesen für ein für sich selbst verantwortliches Europa. Amerkungen zur Auftaktveranstaltung des Projekts „TruLies: The Truth about Lies on Europe“ mit Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Michael Roth, MdB am 16.11.2015
Das zweite deutsche Staatsfernsehen, kurz ZDF, lässt wieder mal die Kanzlerin zu Wort kommen. Angela Merkel, das ist unangefochtene mächtigste Frau Europas, über der jetzt die Fluten der CDU zusammenschlagen. Und an dieser schnellen Wendung der Stimmungs- und Machtlage können wir sehen, wie filigran unser Gemeinwesen organisiert ist.
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Der Westen, Demokratie, Nation, Europa. Wenn eine Idee auf die Wirklichkeit trifft.
Es könnte ja so schön sein. Deutschland hat sich in seinem Premium-Wunschbild eingerichtet. Wir sind weltoffen, wir sind dialogbereit, wir sind kompromißfähig. Und wir können, so scheint es bisher, alles, was wir anfassen. Nie war im politischen Bereich mehr Konsens als heute: Energiewende: Machen wir! Rechte für Minderheiten: Machen wir! Integration: Machen wir! Europa selbstlos führen: Machen wir! Das Gute in die Welt tragen: Machen wir!
Es ist bitter. Es ist ein Epochenwechsel. Und aus grüner Sicht könnten wir sagen, wir haben es immer gewusst.
Aber das wird uns nichts nutzen, weil es am Ende doch anders gekommen ist.
Angela Merkel war der Vorbote, wir haben es nur nicht realisiert. Doch mit der Ankunft der Flüchtlinge, der Folge eines gedankenlosen westlichen Raubbaus an der Welt, wird wieder einmal alle anders. Die Vision einer friedlicheren, besseren Welt kommt ins Regal zurück, gefragt ist jetzt nüchternes Management, wenn eine oder noch mehr Millionen Flüchtlinge nach Deutschland einwandern, ein Land, in dem alles ordentlich geregelt ist, solange keine ungeregelten Zustände eintreten, in der Formulare und Zuständigkeiten den Alltag erleichtern (wenn man sie kennt), in der ein Sozialsystem keine Hängematte, aber doch Sicherheit versprechen, Zustände also, die Menschen auf der Flucht vor kopfabschlagenden Horden mit mittelalterlichen Vorstellungen wie das Paradies erscheinen müssen, zumal, wenn sie sich globalisierten westlichen Vorstellungen von Menschenrechten, Gleichberechtigung, Fairness verpflichtet fühlen.
Wir sind schon ein ungewöhnliches, wenn nicht sogar ein unglaubliches Land. Deutschland schafft sich nicht ab, es macht sich auf. Hätte irgendjemand prognostiziert, dass Deutsche zu Hunderten oder Tausenden an Bahnhöfen stehen, um Flüchtlinge zu empfangen? Ich nicht. Gut, kann man einwenden, es geht dem Land gut. Aber von einem Land, von dem alle sagen, dass die Stimmung der Deutschen noch schlechter ist als ihre Lage, hätte man anderes erwartet. Die Konflikte der Welt werden in den Köpfen vieler Deutscher nicht verdrängt, sondern wahrgenommen. Eine Spekulation, warum. Und wie alles weiter gehen könnte.
In unseren Politiklehrbüchern lesen wir immer wieder, in der politischen Debatte ginge es um einen Austausch der Argumente, das bessere Argument, mit dem man dem politischen Gegner Stimmen abnehmen kann.
Vordergründig stimmt das. Tatsächlich, und das spürt man immer dann, wenn es ernst wird, stimmt das nicht. Dann geht es nämlich vorrangig um die Frage, welche Fragen man stellen darf und welche man leugnen muss. Ob man mit seinen Argumenten also „eher drin“ oder „eher draußen“ ist. Meinungsbildung ist ein sozialer Prozess. Fakten, Fakten, Fakten, der FOCUS-Startclaim, war ein Bluff, Es geht darum, dabei zu sein. Beim FOCUS war das die selbstgeschaffene Info-Elite, bei der Flüchtlingtdebatte geht es um Zustimmung. Und um Abgrenzung. Und darum, was uns unsere Werte, Freiheit, Fairness und Solidarität, z.B.
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Marianna Mazzucato hat mit „Das Kapital des Staates“ ein sehr lesenswertes Buch geschrieben. Ich bin ja kein Freund politischer Anstrengungen, Innovation politisch zu erzwingen. Zu groß scheint mir dabei die Gefahr, dass Politik ihre Kurzfristwahrnehmung und die Dominanz politischer Prä’s (was sind liebsame,was unliebsame Technologien) einfach auf die Forschungsperspektive fortschreibt. Die laufende Debatte um die Breitbandverkabelung wäre wieder mal ein Beispiel, dass mit der Lesebrille Weitsicht bewiesen werden soll. Doch Weitsicht sieht anders aus, wenn die Entscheider einerseits das Wohl der Telekom im Auge behalten müssen, andererseits aber eine Antwort auf die Frage finden müssen, wie die Digitalisierung der Netze am besten erfolgen kann.
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1) Wir sehen nur, was wir wissen. Ereignisse, die nicht in unsere Erklärungsmuster passen, beachten wir nicht. 2) Wir Menschen brauchen Erklärungen zur Sinnstiftung. Nur, indem wir unseren Handlungen Sinn…
Wolfgang Schäuble und Angela Merkel, so argumentieren politisch Linksliberale von Jürgen Habermas über Joschka Fischer bis hin zu Reinhard Bütikofer, haben die bisherige proeuropäische LInie Deutschlands verlassen. Anstatt europäische Solidarität, die Weiterentwicklung europäischer Institutionen und ein politisch geeintes Europa voranzutreiben, hätten sie den deutschen Nachkriegskonsens verlassen und würden einem neuen deutschen Nationalismus huldigen. Die Deutschen würden sich zum Zuchtmeister Europas aufspielen. Das Bild von „bösen“ Deutschen, so insbesondere Joschka Fischer und Reinhard Bütikofer, vor dem uns die West- und Europaorientierung bewahren sollte, droht wieder aktuell zu werden.
Ich halte diese Argumentation für sachlich falsch, politisch verengt und im deutschen Idealismus verhaftet. Sie fußt auf einer einseitig politischen Europa-Vision, die weder realistisch ist, noch angestrebt war. Sie leugnet, dass es beim europäischen Projekt, auch wenn die politische Linke sich weigert, das anzuerkennen, auch darum ging, über „kalte Marktmechanismen“ einen Druck auf alle Länder und Völker Europas zu entwickeln, sich einem zunehmend globalisierten Wettbewerb mit all seinen Härten auszusetzen. Einige Anmerkungen zu einer zunehmen schiefen Debatte.
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Bernd Ulrich hat mal einen Pflock eingeschlagen gegen dieses eindimensional politische Gesäusel, als ob Gremien die unterschiedlichen Sichtweisen und unterschiedlichen Stadien der Länder wegradieren könnten. Auch wenns kompliziert ist, Bernd…
Ein stärkeres Europa scheint manchem der Ausweg aus endlosen Regierungschefssitzungen. Wenn er sich da nicht täuscht!
Zum Zustand Europas: Die Fakten liegen auf der Hand. Griechenland hat eine gelbrote Karte erhalten, in der Ukraine wird von Putin weitergezündelt und über das Mittelmeer und den Landweg über die Türkei und Griechenland landen weiter Auswanderer aus verschiedenen Teilen Afrikas an.
Das Friedensmodell Europa, dass immer inneren Zusammenhalt und Abschottung nach außen bedeutete, kommt in seine größte Bewährungsprobe. Was bedeutet das? Wie verhalten sich die Parteien? Und warum könnte eine vordergründig proeuropäische Haltung, die sich darauf konzentriert, mehr Solidarität zu fordern und damit mehr Zahlungsausgleich (Transferunion) zu meinen, dabei sein, sich ins Abseits zu manövrieren. Ein paar Gedanken wider den Strich.
Die Griechenlanddebatte zeigt: Öffentlichkeit kann nur Stimmungsbilder abbilden. Viele Fragen sind zu komplex, um im allgemeinen öffentlichen Lärm diskutiert zu werden. Gerade im Zeitalter sozialer Medien geht es zunehmend um Zuspitzung und Kampagne. Eng damit korrelieren die Frage, welche Aspekte mit in die öffentliche Abwägung einbezogen werden und welche nicht.
Mich beschäftigt, dass viele sozialdemokratische, grüne und linke Politiker behaupten, demokratische Entscheidungen wären vernünftig. Müssen sie nicht sein. Und wer die Legitimität demokratischer Entscheidungen nicht ständig weiter unterminieren will, tut gut daran, darüber nachzudenken,
Für alle, die darüber nachdenken wollen, ob sie in der Griechenlandfrage tatsächlich alle Faktoren abgewogen haben, hier eine (unvollständige) Liste der Aspekte, die dabei eine Rolle spielen könnten:
Jetzt sind wir eigentlich keinen Schritt weiter. Das griechische Parlament hat zwar die Vorleistungen beschlossen, also sozusagen die Sachlage anerkannt, Zypras hat sich aber gleichzeitig davon distanziert. Wer sich auf eine solche Haltung einlässt, hat schon verloren.
Jetzt wieder eine Portion Milchmädchenlogik. Ja, mir ist schon bewußt, dass ein Grexit auch die deutsche und die europäische Wirtschaft treffen würde. Das muss man laut aussprechen. Aber dennoch möchte ich allen, die immer alternativlos an Griechenland und Euro festhalten, entgegnen: Ein Land, das sich der ökonomischen Realität verweigert, ein Land, in dem die politische Klasse, und zwar ausnahmslos, sich unwillig zeigt, Strukturen zu etablieren, die Verlässlichkeit, Funktionalität und Leistungskraft des Landes freisetzen, ein Land, deren Bevölkerung immer wieder diejenigen wählt, die sie weiter an den Abgrund drängen, das muss lernen, die Konsequenzen ihres Handelns auch zu sehen. Vor diesem Hintergrund war Schäubles Argumentation, entweder Einlassen auf die Bedingungen oder partiellen Austritt aus dem Euro logisch, vernünftig und verantwortungsethisch. In einer Situation, in dem die Führung eines Landes, und ihre Bevölkerung, sagt, wir wollen am Euro festhalten, aber wir wollen die Geschäftsbedingungen nicht akzeptieren, ist es zwar hart (übrigens nicht „kalt“), aber fair, dem Land die Alternativen aufzuzeigen.
Ich finde es einen Verfall politischer Kultur, wenn jetzt im politischen Raum so getan wird, als ginge es darum, immer nett miteinander zu sein. Klar ist die Bild-Kampagne Mist. Klar ist Strobl halt einfach der schlicht gestrickte Schwiegersohn. Klar ist das alles nicht hilfreich. Aber Schäuble vorzuwerfen, dass er, in der ihm eigenen preussischen Klarheit sagt, was die Alternativen sind, halte ich für grundfalsch.
Mancher fragt sich vielleicht: Was treibt eigentlich den Huss, in Sachen Griechenland so auf neoliberal zu machen. Meine Antwort: Der Ärger darüber, dass sich Politik zwar immer als Retter und solidarischer Helfer geriert (Schäuble nicht, aber das macht ihn jetzt zum Bashingopfer), tatsächlich aber vor allem die Minimierung des eigenen Risikos im Auge hat. Der Aufwand, die Reihen nach innen geschlossen zu halten, übersteigt bei weitem den Ertrag, den politisches Handeln hat. Ein kritischer Rundumblick anlässlich der Griechenland-Debatte.
Linke, Grüne und auch ein paar Sozialdemokraten fordern immer bedingungslose Solidarität mit Griechenland. Es geht um den dort herrschenden Hunger, es geht um die Verelendung, es geht um die Idee, zu helfen, damit Griechenland nicht noch weiter abrutscht und a) politisch noch instabiler wird und b) dann den Russen anheim fällt.
Man hätte es wissen können. Die Zerrissenheit der griechischen Syriza macht sie entscheidungsunfähig. Wir alle wollten es nicht wahrhaben. Jetzt wird es ernst. Hält der Euro wirklich stand? Wie geht man mit einem bankrotten Griechenland um? Wer wandert jetzt wohin? Das reale Leben, existenzielle Probleme, Rücken jetzt näher an die Politik. Aus die Sandkastenspiele.
Weil jetzt viele anfangen werden, mit dem Finger auf eine (weniger) standhafte Angela Merkel und einem (konsequent) standhaften Wolfgang Schäuble zu zeigen, hier ein paar Anmerkungen zur Schuldfragen:
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