Corona. Und dann?

Wir, die Menschen im Westen, haben bisher geglaubt, wir haben alles im Griff. Dann kam Corona. Und jetzt?

Die Macht der Worte

Wir bilanzieren jetzt mal die Macht der Worte. Und interpretieren den Beck’schen Gedanken der Risikogesellschaft neu. 

Wir stellen fest: Seit etwas November/Dezember vergangenen Jahres ist der Corona Virus als Erreger definiert. Von China ausgehend hat er sich über die Welt verbreitet. Ein unbekannter Virus, gegen den noch kein (Impf-)Kraut gewachsen ist, macht Angst. Es ist die Aufgabe der WHO und der Epidemiologen, vor diesem Virus zu warnen und Maßnahmen vorzuschlagen, die seine Verbreitung verzögern. 

Der Virus selbst ist heimtückisch, weil die Virenträger oftmals nicht spüren, dass sie Träger sind. Viele zeigen nur ganz schwache Symptome. Aber sie sorgen dafür, dass der Virus weiter getragen wird. 

Vor diesem Hintergrund erarbeiten die Politiker und Virologen aller Länder Pläne, das Virus in Griff zu behalten. Eines der Merkmale dieser Epidemiologie ist, dass weltweit fast alle entwickelten Länder und einige sich entwickelnde Länder fast dieselben Aufstellungen zeigen: Corona als Top 1 der Tagesordnung, alles andere wird hinten angestellt. Varianten gibt es in der Frage, ob besonders viel getestet wird oder vorsorglich alle nach Hause geschickt werden. Parallel zum ersten freiwillig beschlossenen Stillstandsprogramm der Weltökonomie werden Weltökonomierettungsprogramme entworfen; – freilich Luftbuchungen, die überall auf die Nummer herauslaufen, der Staat bezahlt die Rechnung. 

Inzwischen kristallisiert sich heraus, dass das Virus tödlich ist, dass die Todesraten aber unterhalb oder etwas oberhalb einer Grippe-Epidemie liegen. 

Wie viele Tote würden wir denn in Kauf nehmen?

Dass wir so gebannt auf das Virus sehen und politisch alle bisherigen Konventionen und Funktionsweisen unserer Gesellschaft beiseite fegen, hat damit zu tun, dass die westlich dominierte Weltgesellschaft und ihre politischen Repräsentanten auf einmal damit konfrontiert sind, dass sie sehenden Auges eine Abwägung treffen müssten: Wie viele Tote würden wir denn in Kauf nehmen. 

Weil sie entweder Humanisten sind oder aber sich dieser Frage nicht stellen wollen, tun sie alles, um die Verbreitung des Virus zu stoppen: 

“Whatever it takes!”. Der Gestus Mario Draghis ist das Leitmotiv der Politik: Wir tun alles, damit möglichst bald der Status Quo Ante wiederhergestellt wird. 

Gestus überlagert Handlungsfolgenabschätzung. Reflex dominiert Abwägung.

Diese Inszenierung von Handlungsbereitschaft (und ich mache niemandem einen Vorwurf) führt dazu, dass niemand die zwei wichtigsten Fragen stellt: 

Ist der Status Quo Ante denn überhaupt wiederherstellbar? Und: 

Sind die Maßnahmen, die wir ergriffen haben und ergreifen, denn die richtigen, damit, bleiben wir bescheiden, eine Funktionsfähigkeit unserer Wirtschaftsgesellschaft wiederhergestellt werden kann. 

Humanität schafft unerwünschte Folgen und Nebenwirkungen

Wenn Humanität reflexhaft zur Anwendung kommt, was moralisch völlig einwandfrei ist, aber eben zu “unerwünschten Folgen und Nebenwirkungen” führt, stellt sich die Frage, ob diese Geisteshaltung noch der Situation angemessen ist. 

Ein ähnlicher Reflex hat sich auch in der Flüchtlingsfrage gezeigt: Wenn wir sehen, dass Menschen im Meer ertrinken, wollen wir sie retten. Wenn infolge der “Sichtbarkeit des Westens” das dazu führt, dass Menschen im berechtigten Verdruss über die Perspektivlosigkeit in ihrer Region, wie damals Deutsche, Engländer und Schotten, sich auf den Weg in das Land der Verheißung (damals Amerika, heute Deutschland) machen, sind wir hilf- und wehrlos. Weil seitens der Politik niemand offen diese Abwägungsfrage aufgegriffen hat und sich alle in der albernen Polarisierung wiedergespiegelt haben, Grenzen auf oder Grenzen zu, hat das zu einer Spaltung der Gesellschaft geführt. 

Faktisch hat die Politik, Merkel an erster Stelle, ja ohnehin alles gemacht, um Flüchtlinge zu stoppen. Aber es gab halt nur die Lösung, wir zahlen Erdogan, damit sie wegbleiben. 

Der Westen muss sich, nicht ehrlich, aber ehrlicher machen.

Der Westen erlebt nach der Flüchtlingskrise mit Corona jetzt zum zweiten Mal, dass sein humanistisches Selbstverständnis auf Sand gebaut ist. Er spürt das, sprechen kann er allerdings noch nicht darüber. Politiker, so meine These, weigern sich offensiv, ihre eigene Machtlosigkeit, nein, das stimmt nicht, nicht Machtlosigkeit, sondern eingeschränkte Handlungsfähigkeit einzugestehen und inszenieren sich als Macher. 

Es ist zu befürchten, dass danach kein Stein mehr auf dem anderen steht. Schon die Finanzkrise wurde nie ordentlich abgearbeitet. Und zu den Resten der Finanzkrise kommen jetzt die Folgen der planwirtschaftlichen Bewirtschaftungsweise dazu. 

Es gilt der Spruch: 

Als sie die Orientierung verloren hatten, verdoppelten sie ihre Kräfte. 

Und jetzt?

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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