Ich bin kein natürlicher Freund von Ulrike Herrmann. Ich fand ihre Thesen immer etwas zu platt. Aber ihr jüngstes Buch ermöglicht neue Einblicke, auch wenn man die Schlußfolgerungen (Orientierung an der Kriegswirtschaft Grußbritanniens 1939) nicht teilt.
Ulrike Herrmann hält den Kapitalismus für das beste System, das wir jemals hatten, sagt aber, dass die Klimafrage einfach nicht erlaubt, dass wir mit dieser Wachstumsdynamik weiter machen. Denn so viel Energie, die wir auch für den ökologischen Umbau bräuchten, können wir nicht über regenerative Energien produzieren.
Und, sie beschreibt die Entstehung des Kapitalismus in Großbritannien im 18. Jahrhundert in einer historischen Einbettung, reflektiert die Rahmenbedingungen “technische Erfindungen” und verfügbare Arbeitskräfte.
Das ist deswegen interessant, weil es die wirtschaftspolitische Debatte interdisziplinär reflektiert.
Ihr zentrales Argument, warum ein Rückbau notwendig ist:
- Die Klimakrise erfordert, dass wir sofort ins Handeln kommen.
- Deswegen müssen wir mit den (regenerativen) Energieformen arbeiten, die das Klima nicht schädigen und verfügbar sind: Wind und Sonne.
- Wer so tut, als ob man alle notwendigen Aktivitäten mit den heute vorhandenen und geplanten regenerativen Energien realisieren könnte, lügt sich in die Tasche.
Letzteres sehe ich auch so.
Wer einen guten Einblick in das Buch erhalten möchte, findet hier zwei Podcasts, in denen eine wirklich gute Diskussion stattfindet: Sowohl Christoph Keese, “Rettet den Kapitalismus”, wie auch Daniel Stelter sind grundsätzlich anderer Meinung, aber fähig, eine wirklich interessante Diskussion vom Zaun zu brechen.
Das britische Modell:
- Die Politik gibt politische Ziele für die Produktion vor, um die Friedens- auf Kriegswirtschaft umzustellen.
- Die Unternehmer dürfen im Rahmen dieser Vorgaben weiter arbeiten.
Na ja, im Grunde ist es das, was die Politik im Hinblick auf die Energiewende, Klimawende, Verkehrswende, Landwirtschaftswende so versucht. …
Der Unterschied: Der Krieg war ein Ziel, auf den sich die Gesellschaft ausgerichtet hat und das von der Mehrheit getragen wurde.
Die Klimakrise und all die Umbauprogramme sind zahlreiche Vorhaben, die langfristig angelegt sind, sich gegenseitig widersprechen und, wenn nur Deutschland das tut, auch keinen großen Effekt haben; -außer natürlich, Deutschland erfindet Innovation mit Klimarelevanz.
Und insofern würde das bedeuten, Deutschland würde weiterhin sein Wirtschaftswachstum durch Export steigern.
Das Buch ist ein guter Ansatz, um weiter zu denken. Aber es bietet keine Lösungen.