Das ist Politik

Es gibt eine Schuldenbremse, das hat die Politik in einer Art Selbstinhaftungsnahme beschlossen. Der Beschluss war 2009, die Schuldengrenze muss 2020 eingehalten werden, jetzt beginnt die Politik, diese Schuldenbremse wieder aufzulösen. Warum erinnert uns das an den Euro?

Wenn die absolute Schuldenbremse jetzt gelockert wird und statt einer faktischen Schwelle ein Verhandlungsgremium eingesetzt wird, bedeutet das, dass ab sofort alle politische Energie darauf verwendet wird, dort die Mehrheitsverhältnisse zu verändern, um eben neue Schulden zu machen.

Meiner Meinung hätte sich Politik laut mit folgender pauschalen Frage auseinandersetzen müssen: Was müssen wir tun, wenn wir künftig einen schmerzhaft geringeren Einnahmenstand hätten, sagen wir mal, 20 Prozent. Es geht dabei nicht nur um Kürzungen, sondern um strukturelle Änderungen, ein neues Denken. Müssen alle Öffentlichen Aufgaben tatsächlich von Staat übernommen werden? Wie kann der öffentliche Dienst flexibler werden, wie können wir vielleicht auch mehr Steuergerechtigkeit erzielen, wenn wir die Einkommensgrenzen verschieben. Es geht um einen neuen Deal zwischen Staat und Gesellschaft. Wir bräuchten dazu gute Ideen, auch wenn sie am Anfang schockieren würden, nicht das stumme Wegdrücken.

Ist das Marktradikal? Nein, in Anlehnung an Nassim Nicholas Taleb nenne ich das antifragil. Das bedeutet, dass man, bevor man in unsichere Zeiten startet und sich unvorhersehbaren Herausforderungen stellt, erst mal sturmsicher macht. Gesellschaftlich gesehen also, dass man nicht jetzt schon die Ausgaben plant, für die man die Einnahmen noch gar nicht hat, und, zum Teil zumindest, nicht haben wird. Das wäre zukunftssicher agierende Politik.

Dass Schäuble so ein Fass aufmacht, ist bitter. Nüchtern betrachtet stellt sich die Frage, ob eigentlich Demokratie nur etwas für Boomzeiten ist. Mehr ausgeben geht immer, aber die schwäbische Hausfrau spielen, die dieGesellschaft auf ökonomisch schlechtere Zeiten, also im „Weiter so“-Sinne, einstellen, das scheint parteiübergreifend kein Thema zu sein. Ich nenne das Verantwortungsverweigerung.

Die Meldung, die mich aufhorchen ließ:

Handelsblatt, 12.9.2014

Schäuble will Schuldenbremse etwas lösen

Finanzminister Wolfgang Schäuble will einem Zeitungsbericht zufolge die Schuldenbremse für die Bundesländer unter bestimmten Bedingungen lockern. Demnach sollen die Länder auch nach Inkrafttreten der Schuldenbremse 2020 weiter Kredite aufnehmen dürfen, obwohl ihnen dies nach aktueller Rechtslage ab diesem Zeitpunkt verboten ist. Einen entsprechenden Vorschlag habe Schäuble in den Verhandlungen über eine Neuordnung des Länderfinanzausgleichs vorgelegt, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ (Freitagausgabe).

Sollte der CDU-Politiker die Zustimmung der Länder erhalten, müsste die erst 2009 beschlossene Grundgesetzänderung überarbeitet werden. Diskutiert wird laut der Zeitung auch, dass der Bund ab 2016, künftig nur noch Kredite in Höhe von 0,2 Prozent aufnehmen dürfe, während den Ländern 0,15 Prozent zur Verfügung stehen sollten. Die Höhe der möglichen Gesamtverschuldung des Staates bliebe so gleich. Bereits ab 2016 gilt die Schuldenbremse für den Bund. Er darf dann nur noch Kredite in Höhe von bis zu 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufnehmen. Ausnahmen sind schwere Naturkatastrophen oder Rezessionen.

Schäubles Angebot an die Länder sei jedoch an Bedingungen geknüpft, heißt es weiter. Ziel sei es, den Stabilitätsrat, bestehend aus den Finanzministern von Bund und Ländern, in eine Kontrollbehörde umzuwandeln, die bei Verstößen gegen die Schuldenbremse Sanktionen aussprechen und durchsetzen könne.

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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