Der BASF Chef Werner Wenning hat Recht! Ohne jeden Abstrich.

Besonders überzeugend: erfolgreich bleibt man nur, wenn man täglich um den Erfolg kämpft.

Aus dem Handelsblatt:
Für eine Agenda 2020

Nichts ist für unsere Wettbewerbsfähigkeit so gefährlich wie Selbstzufriedenheit, sagt Werner Wenning, Aufsichtsratsvorsitzender bei Bayer und Eon. Er fordert deshalb die Regierung auf, sich um Investitionen statt um Konsum zu kümmern.

Werner Wenning | Mittwoch, 16. Oktober 2013, 20:00 Uhr

Mit den strengen Auflagen für europäische Krisenländer erleben wir derzeit nichts anderes als eine Renaissance des Konzepts der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Diese harte Landung in der Realität hat eines sehr deutlich gemacht: Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene ist unabdingbare Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum. Und sie ist erst dann erreicht, wenn sich eine Volkswirtschaft aus der Abhängigkeit von staatlichen Stimulanzien gelöst hat. Kein Staat – auch wenn er immer neues Geld in die Waagschale würfe – kann es seinen Bürgern und Unternehmen auf Dauer abnehmen, sich immer wieder anzustrengen, um sich im Wettbewerb zu behaupten.

Deutschland hat sich früh auf den Weg gemacht, seine Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, und kann heute die Früchte dieser Anstrengung ernten. Den Impuls gab die mutige Reformpolitik Agenda 2010 der Regierung Schröder. Außerdem gab es den beschäftigungspolitischen Grundkonsens, dass die Löhne der Produktivität folgen sollten. Zentral ist aber auch, dass wir den Verheißungen einer rosigen Zukunft als Dienstleistungsgesellschaft nicht erlegen sind. Damit blieben industrielle Wertschöpfungsketten im Lande, die uns Optimierungsmöglichkeiten bieten, die andere verloren haben.

Auf dieser stabilen Grundlage waren wir imstande, in Europa und der Welt neue Chancen zu nutzen. Hinter dem Erfolg der letzten Dekade stehen indes große Anstrengungen der Unternehmen, ohne die in einer Marktwirtschaft kein Wandel gelingen und ohne deren Veränderungsbereitschaft auch die intelligentesten Rahmensetzungen des Staates wirkungslos bleiben würden.

Auch wenn wir also in Deutschland bei den Themen, die wir beeinflussen können, unsere Hausaufgaben weitgehend gemacht haben, gilt der Erfahrungssatz: Vorne bleibt nur, wer immer wieder besser zu werden versucht. Nichts ist für unsere Wettbewerbsfähigkeit so gefährlich wie Selbstzufriedenheit. Deshalb sollte die neue Bundesregierung ein neues Reformprogramm für den Standort Deutschland angehen. Ob man das dann „Agenda 2020“ nennt oder anders, ist zweitrangig. Ein solches Programm sollte sich auf Innovation, Bildung und Infrastruktur konzentrieren, die Grundpfeiler jeder Industriegesellschaft. Der Staat sollte sich künftig weniger um den Konsum und mehr um die Investitionen kümmern.

Die Ausgaben von Bund, Ländern und Kommunen für Soziales und für Subventionen betrugen 1970 rund 35 Prozent ihrer Budgets, bis 2012 stiegen diese Ausgaben auf 50 Prozent. Im selben Zeitraum ist der Anteil der Investitionen von 15 auf vier Prozent gefallen. Diesen Trend müssen wir umkehren. Wir haben gesamtwirtschaftlich eine der weltweit niedrigsten Investitionsquoten, daher ist vor allem in der Infrastruktur eine gefährliche Investitionslücke entstanden – wir leben von der Substanz. Wir müssen dazu eine stärkere private Investitionstätigkeit in Gang setzen. Deshalb brauchen wir in Deutschland stabile Rahmenbedingungen für Investoren.

Wichtig ist hier insbesondere ein effizientes Management der Energiewende, damit uns dieses Großprojekt nicht vollends aus dem Ruder läuft. Aber auch Forschung und Innovation müssen stärker gefördert werden. Dabei geht es nicht nur um die Bereitstellung von Geldern, sondern vor allem um ein politisches und soziales Umfeld, das dabei hilft. Davon hängt die Wertschöpfung im Lande und damit ein Eckpfeiler unseres Lebensstandards ab.

Was die Agenda 2010 für unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und unsere Industrie in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts war, das muss ein ebenso wegweisendes Reformprogramm für die zweite Dekade werden. Nichts weniger als dies sollte der Anspruch der neuen Bundesregierung sein. Wenn wir aber über die künftige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Industrieland sprechen, dann müssen wir nicht nur über Kosten, Steuern, politische Reformen und die Förderung von Innovationen sprechen – all das ist unbestreitbar wichtig. Genauso wichtig ist aber, dass wir es schaffen, in unserem Land den Stolz auf die eigene Leistung zu stärken, die Offenheit für Veränderungen, die Lust auf Innovationen, auf neue Ideen und auch auf Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen, um hier zu arbeiten und zum Wohlstand im Lande beizutragen.

Dies ist eine Herausforderung für alle, die in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Verantwortung tragen. Was wir dazu brauchen, sind die Freiräume einer offenen, marktwirtschaftlichen Ordnung. Diese zu erhalten und, wo nötig, wieder herzustellen ist unsere langfristig wichtigste Aufgabe zur Stärkung unserer Wettbewerbsfähigkeit.

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Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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