Ich kann es natürlich nicht beweisen, aber ich halte ja Berggrün für einen interessanten Fall dafür, zu zeigen, wie Politik und, in diesem Falle auch Gewerkschaften, zum, ja man muss es so sagen, Deppen für eine Gnadenlos-Heuschrecke machen.
Und so macht da ein raffinierter Investor:
1) Investiere in kleine, nette Vorzeigeprojekte.
2) Sorge dafür, dass alle drüber reden
3) Hofiere eitle Politiker aller Couleur (ja, von Joschka Fischer bis zu Frau von der Leyen)
4) Schreibe ein Buch, wie du besser regieren würdest (ob das ernst gemeint ist, oder Teil der Fassade, sei dahingestellt)
5) Überlege, wann der Zeitpunkt des final Count Down gekommen ist.
6) Investiere in kleine, nette Vorzeigeprojekte in dem nächsten Land.
8) Vergiss dein Geschwätz von gestern
9) Ziehe alles Geld ab in ein attraktives Teilinvestment (Die Premiumhäuser, die dann von einem anderen Unternehmen geführt wird)
10) Und ab durch die Mitte.
Ach ja, und die Gewerkschaften: Sorge dafür, dass diese auf deiner Seite sind, obwohl sie für alle erkennbar unsinnige Forderungen haben (Bestandsgarantien für alle Mitarbeiter, statt attraktive Verträge für die notwendigen Mitarbeiter).
Gut, wenn man immer im Hotel wohnt.
Ein Milliardär im Kaufhaus
Nach dem Verkauf der wertvollen Premium- und Sporthäuser wächst die Kritik an Karstadt-Investor Berggruen. Er besitzt nun, rechnerisch, 137 Millionen Euro Vermögen.
Christoph Schlautmann | Düsseldorf | Montag, 30. September 2013, 20:00 Uhr
Gewöhnlich sorgen sich Deutschlands Gewerkschaften darum, das Geld der kleinen Leute zu mehren. Im Fall Karstadt dagegen, so dämmert es der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, könnte ihr Kampf ausgerechnet einen Milliardär alimentieren.Ein schwerer Fehler, den die Verdi-Tarifkommission am 9. Juli 2010 in Essen beging, hilft seit kurzem womöglich der Schatulle des Deutschamerikaners Nicolas Berggruen. Berechnungen des Handelsblatts ergeben: Als der Kunsthändlersohn neulich 75 Prozent der Premium- und Sporthäuser an den österreichischen Investor René Benko verkaufte, ergab sich für ihn ein anteiliges Vermögen von 137,5 Millionen Euro. So hoch werden nun Berggruens Anteile bewertet.
Nicht einmal eine erneute Pleite der Karstadt Warenhaus GmbH mit ihren teils wenig attraktiven 83 Häusern könnte diese Erfolgsbilanz schmälern; in einem solchen Fall bliebe Berggruen nahezu haftungsfrei. Dabei schließen Insider eine erneute Schieflage der nach dem Teilverkauf übrig gebliebenen Häuser nicht aus. „Der Verkauf der drei Luxuswarenhäuser und 28 Sporthäuser ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs“, sagt ein Aufsichtsratsmitglied.
Dass Verdi selbst die Weichen dazu stellte, haben die Gewerkschafter aus ihrer Erinnerung verbannt: Auf Empfehlung der damaligen Vize-Chefin Margret Mönig-Raane hatte Verdi vor drei Jahren dem mitbestimmungspflichtigen Verlangen des Finanzinvestors nachgegeben, den Warenhauskonzern in drei Einzelfirmen aufzuspalten. Sogar den ansonsten unumstößlichen Sanierungstarifvertrag schnürte Verdi dazu noch mal auf. Mit ihrem Entgegenkommen wollte Mönig-Raane sicherstellen, dass Berggruen bei Karstadt zum Zuge kam. Mitbieter wie Triton oder Metro hatten zwar – anders als der reiche Mann aus New York – eigenes Geld für die maroden Warenhäuser in Aussicht gestellt. Die Gewerkschaft nahm ihnen aber übel, dass sie nicht auf Filialschließungen und Entlassungen verzichten wollten.
Im September präsentierte der stets so nette, scheinbar naive Investor die Rechnung; nach eigenem Bekunden sei ihm verborgen geblieben, „wie krank Karstadt wirklich war“. Nachdem Berggruen 2000 Mitarbeitern den Job kündigte und den restlichen mit einer „Tarifpause“ drohte, hat er mit dem Innsbrucker Immobilien-Tycoon Benko Fakten geschaffen. „Diese Übertragung bedeutet faktisch die Zerschlagung des Unternehmens“, sagt Verdis Karstadt-Beauftragter Arno Peukes, der an den damaligen Verhandlungen freilich nicht beteiligt war.
Die veröffentlichten Verkaufsbedingungen für die Karstadt Premium GmbH sowie die Karstadt Sports GmbH sind so verworren, dass kaum auffällt, wie Berggruen damit Teile des Konzernvermögens auf die sichere Seite schafft. Er behält nämlich ein Viertel an den beiden ehemaligen Karstadt-Ertragsbringern, die der Benko-Deal mit 400 Millionen Euro bewertet. Berggruen darf somit einen Vermögensanteil von 100 Millionen Euro sein Eigen nennen.Und es kommt noch besser: Wie Aufsichtsratsmitglieder berichten, soll die Hälfte der von Benko zu zahlenden 300 Millionen ‧Euro als Investition zurück in die Premium- und Sporthäuser fließen. Berggruens Geschäftsanteil wertet das weiter auf – um durchgerechnet 37,5 Millionen Euro.
Die andere Hälfte des Kaufpreises soll in die restlichen 83 Karstadt-Warenhäuser wandern, um die verlustreiche Restfirma für einige Zeit über Wasser zu halten. Nur zehn Prozent der Summe, so heißt es im Aufsichtsrat, sollen investiert werden – über einen Zeitraum von fünf Jahren.
Ein Sprecher Benkos will diese Zahlen weder bestätigen noch dementieren. Eine Anfrage bei Karstadt in Essen dazu blieb unbeantwortet. Sicher aber scheint: Rutscht die Karstadt Warenhaus GmbH – nun ohne die verkauften Premium- und Sporthäuser – erneut in die Pleite, würde eine Anfechtung des jüngsten Deals durch den Insolvenzverwalter schwierig. „Dazu müsste schon nachgewiesen werden, dass der Verkauf die Gläubiger im Nachhinein benachteiligt“, erklärt der Kölner Insolvenzanwalt Andreas Amelung.
Weil aber zunächst einmal 150 Millionen Euro auch in die Karstadt Warenhaus GmbH fließen, bliebe eine Anfechtung vermutlich ergebnislos. Wie sehr sich Verdi von dem US-Finanzjongleur täuschen ließ, zeigt eine Pressemeldung der Gewerkschaft von vor drei Jahren.
Nach ihrem Plazet zur Karstadt-Aufteilung verbreitete Mönig-Raane offiziell: „Der Beschluss schiebt einer Zerschlagung der Kette einen Riegel vor.“ Er sei an die Bedingung geknüpft, dass Karstadt als „wirtschaftliche Einheit“ erhalten bleibe.Davon aber konnte schon ein gutes Jahr später nicht mehr die Rede sein. Nicht einmal das Ende des Sanierungstarifvertrags, der im August 2012 auslief, wartete Nicolas Berggruen ab, wie ein Blick in den Geschäftsbericht zeigt: „Darüber hinaus wurden mit Wirkung vom 30. September 2011 Vermögensgegenstände und Schulden der Unternehmensbereiche Premium und Sports im Rahmen eines Asset Deals an die Schwestergesellschaften Karstadt Premium GmbH und Karstadt Sports GmbH übertragen“, ist dort zu lesen.
Die Pressemeldung von einst will die Gewerkschaft heute anders interpretiert wissen. „Wir haben damals lediglich im Sanierungstarifvertrag sichergestellt, dass während der Laufzeit mögliche Erträge einzelner Sparten nicht entnommen, sondern reinvestiert werden“, sagt Verdi-Sprecher Christoph Schmitz.
Noch heute sind die Arbeitnehmervertreter überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. „Unter den damals vorliegenden Investorenkonzepten war das Berggruen-Konzept das einzige“, meint Schmitz, „das zum damaligen Zeitpunkt für die Laufzeit des Sanierungstarifvertrags keine weiteren Einschnitte für die Beschäftigten vorsah.“Doch im Falle einer Pleite ist jede Einzelfirma heute auf sich selbst gestellt – mit einer winzigen Ausnahme, wie die Karstadt Holding GmbH in ihrem Geschäftsbericht offenbart: „Es besteht eine Garantieerklärung zur Haftungsübernahme gegenüber einem verbundenen Unternehmen für die Tilgung eines Darlehens gegenüber einem verbundenen Unternehmen in Höhe von 16,7 Millionen Euro“ – einem Betrag von gerade einmal zwei Karstadt-Tageseinnahmen. Ihn kann Berggruen angesichts seines spektakulären Vermögenszuwachses jetzt unter „Peanuts“ verbuchen.
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