Die Krankenhausreform kommt sicher. Nur weiß niemand, was dabei rauskommt. 

Lassen wir doch mal die handelnden Figuren außen vor: Einen Gesundheitsminister, der dem Gesundheitswesen die Ökonomie austreiben will, der Riege von Landesminister, die sich zwar in ihrem Dagegen einig sind, aber außer Beschwichtigung selbst nichts im Köcher haben. Sie sind es ja, die über jahrelanges Schleifenlassen in der Krankenhausplanung und einer „Schaufensterhaltung“ in der Finanzpolitik die Hauptursache für das Leiden des Krankenhaussterbens sind. Sprechen wir nun einfach über den Stand der Dinge, die Maßnahmen, die ein von Lindner und den Landesminister zurechtgestutzter Lauterbach denn noch bewegen kann.Das Interessante an Lauterbach ist doch, dass man sich an seinem Narrativ orientieren kann, um zu ahnen, wohin er steuert. 

Nichts ist, was es scheint

Also kurz zur Zwischenbilanz: Der Ursprungsplan, 3 Leistungslevels, die eigentlich, mit 1 und 1i sowie dem Level 3 und den Universitätskliniken 5 waren, wird es nicht geben. Gut so, denn dadurch würde man die Landflucht von Chefärzten weiter beschleunigen. Stattdessen soll es also Leistungsgruppen geben, die zentral definiert und deren Mindestleistungskriterien, wenn ich es richtig verstanden haben, durch den G-BA definiert werden. Kann auch sinnvoll sein, wenn es schnell geht. 

Der Minister spricht aktuell immer von den Qualitätskriterien, die man künftig zentral messen werde. Daran kann ich eigentlich nichts Schlechtes finden, denn dann können Patienten, bevor sie sich in ein Krankenhaus begeben, darüber informieren, mit welcher Qualität die entsprechende Abteilung „abliefert“. So kann Patientenorientierung aussehen. 

Jetzt greift Plan B

Wenn es bei dem Dissens bleibt, der sich derzeit abzeichnet (auch wenn das immer konsensuell „getarnt“ ist), bedeutet das, dass Lauterbach ein Gesetz zimmern lassen wird, das nicht auf die Zustimmung der Länder angewiesen ist. Es muss sich also auf die Vergütung für die Leistungserbringung der Krankenhäuser beschränken. Und, wenn ich es richtig sehe, kann auch niemand die Leistungstransparenz von Krankenhäusern verhindern.

Evidenz by Reality!

Die entscheidende Frage ist dann: Wie wirkt sich das auf die künftige Krankenhausstruktur aus. Dabei spielen zwei Faktoren eine Rolle: Erstens: Wie genau ist die künftige Vergütung geregelt. Bisher ist ja immer von ⅓ modifizierten DRGS und ⅔ Vorhaltepauschale die Rede.  Aber so einfach, wie das klingt, wird das nicht werden. Für jedes Krankenhausunternehmen bedeutet das also weitere Unsicherheit. 

Und dann kommt noch ein zweiter Effekt. Nachdem Lauterbach einem Vorschaltgesetz eine Absage erteilt hat, erhöht er den Druck auf die Bundesländern; – und auch auf die Akteure selbst, eine Lösung zu finden. 

Begeben wir uns auf die Ebene der Krankenhausanbieter. Bekannt ist spätestens nach Augurzkys letztem Krankenhausrating-Report, dass nur noch 20% der Krankenhäuser schwarze Zahlen schreiben. Insofern stimmt der Ruf der DKG: „Krankenhäuser in Not“. 

Anfang des Jahres hat unser Bundesminister betont, die Krankenhausreform würde nicht zur Schließung von Häusern führen. Beim Sommerempfang  des GKV-Spitzenverbands waren plötzlich andere Töne zu hören. Mit Blick auf 2024 bemerkte er, er rechne mit vielen Insolvenzen. Schon deswegen, weil die Krankenhausreform erst 2025 wirken würde. 

Links antäuschen. Und rechts versenken!

Was wäre aber, wenn Lauterbach erkannt hat, dass die Ökonomie auch einfach seinen Job machen könnte. Dass sie nämlich zu einer radikalen Verkleinerung der Krankenhauslandschaft führen würde. 

Das geht dann so: Da die Defizite teilweise erheblich sind, werden die Krankenhausbetreiber ihre Anstrengungen, ihre Situation indikationsbezogen zu konsolidieren, verstärken. Noch mehr Defizit kann kaum einer leisten. Daraus könnten größere Verbünde entstehen, die Leistungen gemeinsam einkaufen und Ressourcen gemeinsam bewirtschaften (Bayern scheint mir da Vorreiter), Krankenhäuser könnten einfach geschlossen werden oder „starke Betreiber“, das würden wahrscheinlich große, privat geführte Häuser sein, könnten ihre Reichweite auf dem deutschen Krankenhausmarkt ausweiten und dadurch Strukturen schaffen, in denen aus ökonomischen Gründen stärker strukturiert wird. Qualitätstransparenz war ohnehin immer der Schlachtruf der Privaten, jetzt könnte sich dieser Schlachtruf als strategischer Hebel für eine Konsolidierung der Krankenhauslandschaft erweisen, die größere und durchgriffstärkere Strukturen benötigt, um neue Instrumente und Versorgungskonzepte implementieren, evaluieren und verbessern zu können. 

Zudem in dem jetzt als Referentenentwurf gesickerten Entwurf für ein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) auch Weichen für eine Weiterentwicklung der ambulanten Versorgungsstruktur gestellt werden. Und das könnte ja für die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems zu einer integrierten Gesundheitslandschaft, also zur Verschmelzung von ambulanter und stationärer Versorgung ohne die „Hybrid-DRG-Schimäre“ führen. 

Was wiederum gut wäre, weil es Effizienz, Effektivität und Innovationsfähigkeit enorm beschleunigen würde. Eine integrierte, regionalisierte und vom Flaschenhals Spitzenverbände der gesundheitlichen Selbstverwaltung befreite Gesundheitswirtschaft, das wäre doch was, oder?

Und dafür nehmen wir auch eine erneute Lauterbach’schen Dauerpräsenz bei Lanz und in anderen Talkshowformaten billigend in Kauf. 

Lauterbach, dem mit der Fahne der Revolution in der Hand das Gesundheitswesen gründlich ökonomisiert hat.

Chapeau, Karl Lauterbach!

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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