Der Fall Tesla. Die Eckdaten: Ein Besessener beschließt, Elektroauto zu bauen. Er sammelt Geld ein, macht sich auf den Weg. tatsächlich gelingt es dem Team, als erstes Unternehmen, noch vor den deutschen Premium-Marktführern, ein Top-Elektroauto zu bauen. Sieht gut aus, hat eine Reichweite, die höher ist als bei anderen Elektroautos und hat bereits jetzt bi jedem Auto eine Profitrate vom 25 Prozent (ich gehe mal davon aus, die Vorlaufkosten sind dabei ausgeblendet).
Was heißt das für Technologiepolitik:
1) In Zeiten technologischen Umbruchs kann es besser sein, mit einem neuen Team anzufangen und ganz neu zu denken als in alten Strukturen mühselig gehen Gewohnheiten anzudenken.
2) Die Gewinnung von Venture Capital ist ein entscheidender Punkt. Spekulatives Kapital ist nötig, um neuen Gedanken eine Chance zu geben. Ob diese Gedanken letztlich erfolgreich sind, weiß man nicht, ist aber auch nicht die Frage der öffentlichen Hand.
3) Kreative Zerstörung gilt auch für Tesla. Es kann sein, dass das Unternehmen nur kurz am Markt bleibt, aufgekauft wird, um sich die Marke und die Technologie einzuverleiben. Wir erinnern uns an Smart? Gescheitertes Gemeinschaftsunternehmen, weil die Kulturen nicht stimmten. auch übernommene Unternehmen können scheitern. Und umgekehrt kann auch eine gescheiterte Marke ein später Erfolg werden. Und Smart war gegenüber dem Tesla ein technologischer Kinderkram.
4) Für die Ideologen: Die können sich aufregen, dass Tesla als Premiumhersteller wahrscheinlich seinen Markt dort bereitet, wo noch das Drittauto etabliert wird (ich denke mir, die Toyota Prius Fahrer atmen endlich auf, weil sie nicht mehr so ein scheußlich aussehendes und nach Plastik riechendes Auto fahren müssen). Aber sie sollten auch darüber nachdenken, dass das Elektro-Auto, das fährt, auch gedownsized werden kann.
5) Es geht also auch anders, als politische Pläne erwarten lassen. Und als Konzernplanungen erwarten lassen. Es geht aber auch mit Konzernplanungen: Der eben erwähnte Toyota Prius ist ein Beispiel dafür.
6) Dafür lieben wir Märkte: Dass sie neue Produkte herstellen, Realität verändern. Und dann Schritt für Schritt verbessern. Und weil sie nicht nur über das „man könnte/müsste/sollte“ debattieren und den ganz großen Wurf, das ganz richtige Konzept. Deshalb brauchen wir mehr Ingenieure, Naturwissenschaftler, Tüftler, Macher und weniger Politiker und Sozialwissenschaftlern. Mehr Freiraum, mehr Unternehmergeist, mehr Neugier und weniger einfältige politische Rechthaberei.
Einer der vielen Beiträge über Tesla:
Handelsblatt, 9.8.2013
Das Phänomen Tesla
Der kleine, kalifornische Autobauer überrascht mal wieder mit guten Zahlen. Die Aktie klettert auf neue Rekorde. Das Unternehmen hat schon 25 Prozent des Marktwerts des Auto-Giganten Ford.
Grischa Brower-Rabinowitsch | New York | Mittwoch, 7. August 2013, 23:44 Uhr
Die Aktie von Tesla ist so etwas wie das heißeste Papier an der Wall Street. Heiß, weil es scheinbar unaufhörlich steigt und auf jede Erfolgsmeldung mit regelrechten Sprüngen reagiert. Der Kurs der Tesla-Aktie hat sich in diesem Jahr mehr als verdreifacht und damit so stark zugelegt wie kaum eine andere Aktie in den USA. Heiß ist das Papier aber auch, weil man langsam das Gefühl bekommt, man kann sich an ihm ganz schön die Finger verbrennen. Denn die Bewertung ist atemberaubend: Tesla hat einen Marktwert von rund 18 Milliarden Dollar, baut und verkauft aber nur 21.000 Autos in diesem Jahr. Damit hat das kalifornische Unternehmen von Elon Musk schon 25 Prozent des Marktwerts des Autogiganten Ford erreicht, fast 35 Prozent von General Motors und ist deutlich mehr wert als Fiat, die Chrysler-Mutter. Allein Ford baut fast drei Millionen Autos.
Bei Tesla, dem Hersteller des reinen Elektroautos Tesla S, das aussieht wie eine sportlich schicke Limousine, wird die Zukunft gehandelt. Und jeder Hinweis darauf, dass diese Zukunft rosig sein wird, verleitet Investoren dazu, nach der Aktie zu greifen. Am Mittwoch nach Börsenschluss in den USA war es wieder soweit: 14 Prozent gewann das Papier auf 153,20 Dollar, nachdem das Unternehmen Quartalszahlen vorgelegt hatte. Zahlen, die mal wieder positiv überraschten.
Tesla hat mit 5150, einem Anstieg um fünf Prozent, mehr Autos verkauft, als erwartet. Der operative Gewinn lag mit 20 Cents je Aktie höher als von Analysten vorausgesagt. Der Umsatz fiel zwar von 561 Millionen Dollar auf 405 Millionen Dollar. Aber nur, weil Tesla ein Finanzierungs-Programm für Autokäufer gestartet hat, wodurch die Einnahmen über die Zeit gestreckt werden. Im ersten Quartal hatte Tesla mit elf Millionen Dollar den ersten Gewinn der jungen Firmengeschichte verzeichnet.
Und: „Was noch beeindruckender ist als die üblichen Gewinnzahlen, ist der Anstieg der Marge, die Tesla pro Fahrzeug erzielt“, sagt Karl Brauer, ein Analyst von Kelley Blue Book in Kalifornien. Tesla nimmt inzwischen 22 Prozent mehr pro Fahrzeug ein, als den Hersteller die Produktion kostet. Im ersten Quartal lag diese Quote noch bei nur 17 Prozent. In einem Brief an die Anteilseigner schrieb Firmengründer und Chef Musk, Tesla werde die angestrebte Marge von 25 Prozent in diesem Jahr erreichen.
13.000 Exemplare des Tesla S hat das Unternehmen in Nordamerika in diesem Jahr bereits verkauft. Und seit dieser Woche gibt es das Modell auch in Europa, zunächst in Norwegen, der Schweiz und der Niederlande zu kaufen. „Allein in Norwegen rechnen wir auf Grund der Bestellungen damit, fast 800 Autos in diesem Jahr auszuliefern“, heißt es im Bericht zum zweiten Quartal. Nach Deutschland kommt das Auto in wenigen Wochen. Sollte die Nachfrage in Asien vergleichbar sein mit der in Amerika und Europa, „dann werden wir 2014 mehr 40.000 Exemplare des Model S verkaufen“, schrieb Tesla. Musk sagte in einer Telefonkonferenz am Mittwoch (Ortszeit), das Ziel sei ziemlich sicher zu erreichen. In Asien will Tesla Ende des Jahres die ersten Autos verkaufen.
„Sie verkaufen viel mehr Autos als eine Menge Leute erwartet haben“, sagte Analyst Karl Brauer. Das liegt auch daran, dass der Wagen ausgesprochen gute Kritiken bekommen hat. Tests loben das Fahrverhalten und die luxuriöse Ausstattung. Das Model S kostet in den USA knapp 70.000 Dollar, Kunden bekommen jedoch einen Steuerbonus von 7,500 Dollar für den Kauf des Elektroautos. Musk behauptet, Tesla gewinne Kunden, die früher einen Toyota Prius oder eine Mercedes E-Klasse gefahren haben. Toyota und Daimler haben beide auch in Tesla investiert. Tesla, ermuntert vom eigenen Erfolg, arbeitet bereits an einem zweiten Modell, einem SUV, das Ende nächstes Jahr in den Verkauf gehen soll.
Der Aufstieg des Unternehmens ist atemberaubend, vor allem wenn man bedenkt, dass der erste Tesla S erst im vergangenen Jahr vom Band gelaufen ist. Der Anstieg der Aktie ist jedoch schon fast besorgniserregend. Die Börse schaut immer in die Zukunft, heißt es. Doch in diesem Fall ist das eine sehr, sehr ferne Zukunft. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt, der aktuelle Quartalsgewinn als Grundlage genommen, bei deutlich über 700. Um in den Normalbereicht von einem KGV bis zu 20 zu kommen, müsste Tesla einen Gewinn von mindestens einer Milliarde Dollar machen. Selbst bei einer Marge von 25 Prozent heißt das: Tesla muss ein Vielfaches von 40.000 Autos verkaufen.
Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass Tesla das schaffen kann. Wer jetzt aber noch in die Aktie investiert, der geht eine sehr große Wette darauf ein, dass Tesla wie manche Beobachter vermuten, tatsächlich die Autowelt revolutionieren kann. Sie müssen darauf hoffen, dass die Konkurrenz wie BMW mit seiner neuen i-Reihe das Nachsehen haben wird.
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