Warum die Einigung von Lauterbach und den Ländern nur mehr Bürokratie, aber nicht mehr Qualität bringt.
Die Minister hätten sich geeinigt, lautet die Eilmeldung bei Spiegel Online. Mehr Klarheit statt Eile wäre gut. Aber in der Politik geht es weiterhin nur ums Kulissenschieben. Was dabei am OP-Tisch ankommt, scheint den Damen und Herren ziemlich egal. Ein polemischer Zwischenruf.
Die Botschaft hör’ ich schon, alleine mir fehlt der Glaube
So wird die Einigung zusammengefasst: Der Bundesminister verabschiedet ein Transparenzgesetz, das Level und Qualitätsmaßstäbe festsetzt. Wie dies umgesetzt wird, ist Angelegenheit der Länder. Die Umstrukturierung soll durch einen gemeinsamen Finanztopf von Bund und Länder finanziert werden. Wie der finanziert wird, sagt niemand. Es scheint alles klar. Es ist alles unklar. Warum?
Die Auseinandersetzung zieht sich durch alle Verhandlungen: Die Länder verwehren sich gegen die Einstufung der Krankenhäuser in ein Dreistufensystem. Einleuchtender Grund: Eine dreistufige Qualitätsverortung ist in den regional sehr unterschiedlich strukturierten Krankenhauswesen nicht möglich. Es gibt spezialisierte Fachkrankenhäuser, die hochqualifiziert arbeiten, es gibt Regionen, in denen Level 2 oder 3 Krankenhäuser zu weit weg wären, um eine erreichbare Versorgung zu gewährleisten. Es führt dazu, dass automatisch alle PatientInnen in Level 2 und 3 Krankenhäuser rennen. Also: Es müssen differenziertere Lösungen her.
Level auf Teufel komm raus!
Ich habe die Position der Länder immer so verstanden: Nach Vorschlag NRW werden 64 Leistungsgruppen qualitätsorientiert definiert. Nur Kliniken, die diese Qualität in diesen Indikationen gewährleisten können, sind künftig im gesetzlichen System “teilnahme-”, sprich abrechnungsberechtigt. Das wäre, vorausgesetzt, die Annahmen lassen sich bestätigen, vernünftig. Und ungeklärt ist dabei allerdings meines Wissens, ob es sich um Struktur- oder Ergebnisqualität handelt und wie viel Zeit notwendig ist, um die Qualitätslevel zu definieren und verbindlich umzusetzen.
Das Festhalten am Dreier System wirkt wie die Trotzreaktion von Minister Lauterbach. Er will es. Er kriegt es. Egal, was es bringt. Die Qualität soll künftig vom Medizinischen Dienst überprüft werden.
Nun war der medizinische Dienst bisher eher Garant für Bürokratie und Formalisierung. Qualität definiert sich jedenfalls anders. Aber egal, der Bundesminister will weiter seine Finger im Spiel halten, damit er seine Reform als gelungen verkaufen kann. Ob das alles funktioniert und ob in einer politischen Landschaft, in der unter dem Anschein von Einigung der blanke Hass regiert, wage ich zu bezweifeln.
Qualität braucht Offenheit und Vertrauen, keinen erzwungenen Konsens auf Kosten derer, die die Arbeit machen.
Wenn ich falsch liege, gerne Widerspruch. Leider wird sich auch mit der Zeit nicht zeigenm, ob ich richtig liege. Denn den Kliniken hängen jetzt in der Luft. Ihre Bilanzen im Defizit. Dieses Jahr ohnehin, nächstes Jahr sicher auch noch. Da heißt es: Rette sich, wer kann.
Meine Vermutung: Die Minister nehmen dankend in Kauf, dass die Kliniken in Insolvenz gehen. Dann am Ende können sie sagen: Krankenhausanzahl reduziert, das GAP zu anderen Ländern geschlossen. Es lebe der Konsens. Auch wenn der Patient längst tot ist!