Die Oberheuschrecke Schwarzmann hat ein Stipendienprogramm aufgelegt. Ohne Zweifel hat dieses Programm etwas. Das könnte und sollte kein Politiker so auflegen. Aber wenn es jemand mit seinem eigenen Geld macht, ist es garade recht.
Das ist, was man in Deutschland zu wenig sieht: Was entsteht, wenn Menschen, die durch ihr Agieren große Reichtümer angehäuft haben, Menschen mit Boxerqualitäten, ihrer Überzeugung nachkommen. Die daraus entwickelten Strukturen haben eine andere Qualität, sind Antipoden zu dem, was öffentliche Haushalte machen können.
Deshalb sollte man so etwas einfach auch mal interessiert verfolgen.
Hier der Beitrag dazu.
Der Beitrag in der Süddeutschen vom 22.5.2013
Süddeutsche, Wirtschaft, 22.05.2013
Stephen Schwarzman
Alles oder nichts
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Von Christoph Giesen
Entweder ganz oder gar nicht. Entweder das teuerste und beste Stipendium der
Welt oder überhaupt kein Geld. So einfach sind die Regeln des Stephen
Schwarzman. Die bekam auch, wie alle anderen, der Rektor der chinesischen
Elite-Universität Tsinghua zu hören, mit dem sich der amerikanische
Finanzinvestor vor zwei Jahren in Paris traf. Schwarzmans Frau wollte unbedingt
einmal in der französischen Hauptstadt leben, deshalb zogen sie 2011 für ein
halbes Jahr hin.
Im Edelrestaurant Le Laurent, unweit der Champs-Elysées, besprachen Rektor
Chen Jining und Stephen Schwarzman den Plan: 300 Millionen Dollar, 200
Studenten pro Jahr, ein eigenes Gebäude auf dem Campus in Peking und die besten
Professoren aus der ganzen Welt. „Ich habe dem Rektor gesagt: Wenn wir das
machen, dann möchte ich ein Programm aufbauen, das dasselbe Prestige hat wie
das Rhodes-Stipendium, denn das sind die Studenten, die ich haben möchte“,
erinnert sich Schwarzman. Rektor Chen akzeptierte, und der neue Partner aus den
Vereinigten Staaten machte sich an die Arbeit: Von den 300 Millionen Dollar hat
er bereits 200 Millionen eingetrieben. Das Gebäude ist in Planung, und am
Prestige feilt er auch.
Schwarzman, 66, ist eine Investorenlegende. Mit seiner Beteiligungsfirma
Blackstone ist er mehrfacher Milliardär geworden. Auf 6,5 Milliarden Dollar
wird sein Vermögen derzeit geschätzt. Der Sohn eines Teppichhändlers aus
Pennsylvania studierte in Yale und machte danach seinen MBA in Havard. Nach dem
Studium fing er bei der Investmentbank Lehman Brothers in New York an.
1985 gegründete er dann mit seinem 20 Jahre älteren Geschäftsfreund Peter
Peterson die Firma Blackstone. Sie starteten damals mit 400 000 Dollar Kapital
und wollten andere Firmen aufkaufen. Auf der Suche nach einem Geldgeber sagten
ihnen die ersten 488 Investoren ab. Erst Jack Welch, der langjährige Chef von
General Electric, gab Schwarzman und dessen Kompagnon Geld. Den Börsencrash
1987 nutzten die beiden, um sich preiswert bei Unternehmen einzukaufen. Sie
wurden unfassbar reich. Während Peterson sparsam mit dem Geld umging, protzte
Schwarzman.
Reichtum und Gier – da fällt vielen in New York gleich der Name Schwarzman
ein. Im Mai 2000 kaufte er für rekordverdächtige 37 Millionen Dollar eine
Wohnung in der Park Avenue in Manhattan, einst wohnte John D. Rockefeller
junior hier. 13 Badezimmer, zwei Saunen und 35 Zimmer hat das Apartment, an den
Wänden hängen Originale von Claude Monet.
Im Februar 2007 feierte er seinen 60. Geburtstag in New York und verprasste
dabei so viel Geld wie kaum ein anderer: Drei Millionen Dollar kostete das
Fest, Rod Stewart sang. DieNew York Times schrieb damals gehässig: „Es gibt
mehr Gerüchte über seine Partys als über seine Deals.“
Wenige Monate nach der Party brachte Schwarzman seine Firma an die Börse.
700 Millionen Dollar Bonus verdiente er deshalb in einem Jahr – wieder einmal
Platz eins. Ein befreundeter Investmentbanker schrieb ihm damals eine E-Mail:
„Du warst wie Indiana Jones in den vergangenen Wochen. Sie haben mit riesigen
Felsbrocken auf dich geworfen, vergiftete Pfeile abgeschossen, sie haben dich
in eine gigantische Schlangengrube geworfen, und du, du hast trotzdem den Gral
gefunden. Bravo.“ Und nun plant dieser Stephen Schwarzman das teuerste
Stipendium der Welt.
90 der insgesamt 200 Studenten sollen aus den USA kommen, 40 aus China, die
restlichen 70 Plätze sollen an Bewerber aus der ganzen Welt vergeben werden.
„Acht davon sind für Studenten aus Deutschland reserviert“, sagt er. Ein Jahr
werden die Stipendiaten an der Pekinger Tsinghua-Universität verbringen und in
einem Fach ihrer Wahl einen Master ablegen. Vor allem aber sollen die Studenten
China kennenlernen.
Warum eigentlich China?
Stephen Schwarzman stellt die Gegenfrage: „Mit viel Prozent wächst Europa im
Moment pro Jahr? Ist es noch ein Prozent? Die USA haben ein jährliches Wachstum
von zwei, vielleicht drei Prozent. Nur China gelingt es seit Jahren mit sieben,
acht zu wachsen“, sagt er. „In wenigen Jahren wird China die USA als größte
Volkswirtschaft der Welt ablösen. Und was wissen wir über China? Erstaunlich
wenig. Und das möchte ich ändern.“
1990 war er das erste Mal selbst in der Volksrepublik. „Damals wimmelte es
auf den Straßen noch vor Fahrradfahrern.“ Wie wichtig China eines Tages aber
werden könnte, kapierte er erst 1994: „Ich habe mich damals mit dem indischen
Außenminister getroffen. Und der verglich sein Land die ganze Zeit mit China.“
Vorbild für das Schwarzman-Programm ist das Rhodes-Stipendium. Der
bekannteste Alumnus ist der ehemalige amerikanische Präsident Bill Clinton. Das
Programm wurde vor 111 Jahren von dem aus England stammenden Unternehmer Cecil
Rhodes aufgelegt. „Sie sind Engländer und haben damit den ersten Preis in der
Lotterie des Lebens gewonnen“, pflegte Rhodes zu sagen. Er kontrollierte damals
weite Teile der südafrikanischen Diamantminen. Als er 1902 starb, schuf er mit
seinem Vermögen ein Vermächtnis. 200 Studenten dürfen seitdem jedes Jahr in
Oxford studieren, an einer der besten Universitäten der Welt. Damit kann die
Tsinghua-Universität in Peking noch nicht mithalten, sie ist aber eine der
beiden renommiertesten Hochschulen in China. Staatschef Xi Jinping hat dort
studiert, genauso wie sein Vorgänger Hu Jintao.
Die ersten 100 Millionen Dollar für das Schwarzman-Stipendium stammen aus
seinem Privatvermögen, die zweiten 100 Millionen hat er selbst eingesammelt bei
Firmen und Stiftungen größtenteils in Europa und Amerika. Der Flugzeugbauer
Boeing gehört dazu genauso wie der Ölkonzern BP und die Großbank Merrill Lynch.
Chinesische Spender gibt es noch nicht. „Wir haben das Projekt zunächst geheim
gehalten, bei den letzten 100 Millionen hoffe ich aber auf Beteiligung aus
China“, sagt er. Bis Ende des Jahres will er das Geld beisammenhaben. Auch
einen prominenten Beirat hat Schwarzman zusammengetrommelt. Der ehemalige
britische Premierminister Tony Blair ist dabei genauso wie die früheren
US-Außenminister Henry Kissinger, Colin Powell und Condoleezza Rice, der
ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy und der Ex-Weltbank-Chef James
Wolfensohn. Ein paar chinesische Namen sollen in den kommenden Monaten folgen.
Bis zum Jahr 2016 soll auf dem Campus ein Neubau errichtet werden. „Mir war
klar, wenn wir die besten Studenten aus der ganzen Welt anlocken möchten, dann
können wir sie nicht in ein typisches chinesisches Studentenheim stecken.“ Mit
Mehrbettzimmern und Dusche auf dem Gang.
Unterrichtet werden die Schwarzman-Stipendiaten auf Englisch. Die
Vorlesungen halten chinesische Professoren, Kollegen aus den Vereinigten
Staaten und Europa sollen eingeflogen werden, sagt Schwarzman. Dürfen dann auch
kritische Themen behandelt werden? Die chinesische Tibet-Politik etwa oder die
Beziehungen zu Taiwan? „Es wird keinen Einfluss geben, es gilt die akademische
Freiheit“, verspricht Schwarzman. „Natürlich werden unsere Studenten aber auch
Mitglieder der chinesischen Führung kennenlernen, die chinesische Seite
unterstützt uns dabei.“
Als Stephen Schwarzman vor ein paar Wochen das Programm in der Großen Halle
des Volkes in Peking vorstellte, wurde auch ein Brief von Präsident Xi Jinping
verlesen. Das sei nicht das übliche Politiker-Geschwätz gewesen, sondern ein
langer, lobender Text, der ihn beeindruckt habe, erzählt er.
Dass die chinesische Führung vor massiven Problemen steht und etwa die
Wirtschaft umbauen oder die Umweltverschmutzung bekämpfen muss, ist für
Schwarzman kein Problem. Er traut der Führung zu, die Probleme zu lösen.
Schließlich ist der neue Staatspräsident Xi Jinping ein Tsinghua-Absolvent. Und
vielleicht ist in 30 Jahren auch der amerikanische Präsident ein
Schwarzman-Stipendiat.
Christoph Giesen
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Christoph Giesen arbeitet im Wirtschaftsressort der Süddeutschen Zeitung.