Wie sich dagegen wehren. Ein zweiter Versuch.
Was können die GRÜNEN gegen die Piraten unternehmen? Die Kulturflatrate? Ein untaugliches Mittel, weil inhaltlich falsch. Oder zumindest umstritten. Aber wie soll sich eine inzwischen etablierte und inhaltlich doch immer wieder gefestigte Partei dann gegen den Aufsteiger ohne Programm wehren?
Ganz einfach, indem sie ihr Ding macht. Was heißt, sich konkret in ihre Rolle als Neue Etablierte Partei vorzutasten.
Betrachten wir die Piraten doch einfach als Herausforderung. Piraten werden gewählt, wenn alle anderen Parteien die Wählerinnen und Wähler nicht erreichen. Insofern können auch die GRÜNEN den Piraten dankbar sein, es spart ihnen die Kosten für die demoskopischen Umfragen.
Achtung, Witz!
Wann erreichen die Parteien die Wähler? Ja, das ist nun gar nicht so einfach. Und für die GRÜNEN Neuland. Wurden sie bisher gewählt, weil sie schneller, besser, zukünftiger in ihrem konzeptionellen Teil waren, in der Frage regenerativer Energien, dem Umsteuern, etc, ist das Alleinstellungsmerkmal jetzt weg. Aber, die GRÜNEN wurden auch immer gewählt, weil sie Haltung hatten. Wenn alle anderen auf das angeblich irreale der regenerativen Energien eingeprügelt haben, standen die GRÜNEN. Das hat Wählerinnen und Wähler beeindruckt. Haltung, Prinzipien, wenn alle anderen widersprochen haben. Nur, jetzt widerspricht niemand mehr. Woran soll ich, kleiner Wähler, kleine Wählerin, festmachen, dass die GRÜNEN auch jetzt noch Haltung haben? An Talkshows, die nun niemanden mehr interessieren? An klein-klein Rechnungen, ob wir 2050 50% Regenerative Energien haben oder 60? Da bin ich doch ohnehin skeptisch, ob die nationale deutsche Politik das so hinkriegt, wo alle anderen Mauern (im Ernst: Angela Merkel macht das doch gar nicht so schlecht und Rüttgers, der tapfere Einserschüler).
GRÜNE müssen jetzt dafür gewählt werden, weil sie Politik besser umsetzen. Und weil sie Politik mit Haltung machen.
Früher hieß das die Spielbein-Standbein Theorie. Jetzt vielleicht: Klartext reden. Regierungshandwerk machen.
Was befürchtet der Wähler und die Wählerin bei allen Parteien? Dass es ihnen nur um die Macht und die Posten geht. Das sie faule Kompromisse eingehen, sich selbst Geld zuschustern, teuere und nutzlose Programme auflegen, damit sie wieder gewählt werden. Ja, und jeder ist ein bißchen in der Schizophrenie gefangen, bei dem einen oder anderen Programm Nutznießer zu sein (Das Argument, mit der Solarförderung finanzieren die Malocher die Zusatzeinkommen der Einfamilienhausbesitzer mit, ist ja nicht falsch, nur weil es von der CDU oder der FDP kommt). Aber man ist auf bereit, darauf zu verzichten, wenn es fair zugeht…..
So denkt der Wähler und die Wählerin ungefähr. Wenn es den GRÜNEN gelingt, mit den Menschen auf Augenhöhe zu sprechen, die politische Konkurrenz einfach mal sein zu lassen und nicht im klein klein aufzurechnen, was wer wann falsch gemacht hat, sondern die Lebensgefühle der Menschen zu treffen und für sie greifbar und anfassend zu sein, dann haben sie gewonnen. Wenn sie mit den Wählerinnen und Wählern über Dinge reden, die sie umtreiben. Und auch darüber reden, was sie regierungsseitig machen.
Meine These. Es geht um Haltung, um Einstehen, um Vorbild sein, um Vertrauen, auch um die Richtung. (Um die Richtung nach vorne, nicht um das alberne rechts links). Und um die beste Lösung in jeder einzelnen Sachfrage. Inspiration und Transpiration.
Thorsten Albers soll das in Schleswig Holstein gut machen, lese ich heute in der Süddeutschen. Der grüne Robert Habeck, soweit ich das sehen kann, auch. Nordrheinwestfalen hat eine solide, verlässliche Aufstellung, auch wenn die Finanzierungsflanke weich ist.
Es geht um Vertrauen. Und so lange dieses Vertrauen zwischen Wählerinnnen und Wählern und den jeweiligen Politikern nicht aufgebaut werden kann, wählt man Piraten. Auch wenn das die Grünen manches Mandat und manche Stimme kosten kann. Aber das ist nicht das Problem der Piratenwähler, sondern der GRÜNEN. Und deswegen sollten sie die Piraten Piraten sein lassen. Und darum ringen, wie sie in Baden-Württemberg, Nordrhein Westfalen und Schleswig Holstein gute und gut sichtbare Politik machen. Eine, die die Leute überzeugt. Eine, bei der die Botschaften ankommen. Eine, bei der die Menschen sich aufgehoben und verstanden fühlen. Und aus dem eigenen Politikansatz kann man dann den Maßstab an die Piraten anlegen. Das wissen die Menschen dann schon selber, dass sie bei den Piraten nichts bekommen als Chaos. Und seit neuestem große Verunsicherung. Den Spiegel, aber auch die Wirtschaftswoche diese Woche lesen, dann weiß man, wo die Schwachpunkte sind.
Björn Böning, der junge sozialdemokratische Meisterdenker aus Berlin, durfte ja am Montag auch in der FAZ was schreiben. So wie er es macht, kann man es nicht machen. Weil das rechthaberisch klingt und ist. Er, der dreißigjährige, weiß schon alles besser.
Das will wirklich kein Mensch.
Dazu gibt es kein einfaches Rezept. Nur die Entscheidung, das anzugehen. Miteinander zu reden. Und keine großen Fehler zu machen.