Woran könnte Angela Merkel wohl scheitern? Die Antwort auf diese banale Frage ist nicht einfach. Klar ist, nicht an den Medien, denn an diesen ist noch kein Mächtiger gescheitert. Aber die Feierlichkeiten zu 60 Jahre CDU Fraktion zeigen, wo die Haarrisse lang gehen (und, was nebenher, Angela Merkel von Helmut Kohl unterscheidet: Er war Teil der Partei, sie beherrscht sie nur).
Die Süddeutsche vom 28.8. fragt sich:
Wo war Schäuble?
Auch Friedrich Merz blieb der Jubiläumsfeier der Union fern
Das Treffen sollte nach innen wirken, es sollte der Mannschaft dienen und den Teamgeist stärken. So dürfte sich das Volker Kauder auch gedacht haben, als er in dieser Woche den 60. Geburtstag seiner Unionsfraktion feiern ließ. Dazu hatte der Fraktionschef alle Bundestagsabgeordneten, viele Ex-Parlamentarier, Ehepartner und einige Prominente in den alten Plenarsaal nach Bonn eingeladen. Für einen Abend sah das schöne alte Parlament aus, wie es sich die Unionsspitze kurz vor einer Wahl wünschen dürfte: Ein paar Stunden lang „regierte“ sie mit absoluter Mehrheit.
Doch so gut, wie es sich Kauder und seine Helfer wünschten, ist die Sache nicht gelaufen. Jedenfalls nach dem Gefühl nicht weniger Abgeordneter, die ihrem Unmut hinterher Luft machten. Sie wollen nicht laut Kritik üben, jeder fürchtet derzeit um seine Zukunft. Hinter den Kulissen aber grollen manche heftig. Zwei Gründe nennen sie dabei vornehmlich: Erstens haben viele offenbar gerade jene „Wärme“, jenes „Gemeinschaftsgefühl“ vermisst, vor allem bei Festrednerin Angela Merkel. Und zweitens hätten zwei gefehlt, die die Fraktion selbst längere Zeit geführt hätten: Friedrich Merz und Wolfgang Schäuble.
Die Kanzlerin sprach in Bonn tatsächlich eine gute halbe Stunde, sie lobte die Fraktion „als wichtigsten politischen Seismografen“, und sie pries deren Integrationskraft im Verhältnis zwischen CSU und Christdemokraten. Daneben aber referierte Merkel nüchtern und nutzte ihren Auftritt auch dazu, die Abgeordneten darauf vorzubereiten, dass ihre Arbeit künftig noch internationaler, also noch aufwendiger werde. „Wissenschaftlich war das richtig“, sagt einer aus der Fraktionsführung spitz, „gefehlt hat die Herzenswärme, die man sich an dem Abend gewünscht hätte.“ Ein anderer altgedienter Abgeordneter nennt die Atmosphäre „herzlos“ und meint, es sei bezeichnend, dass Merkel an so einem Abend ein Manuskript gebraucht habe.
Ins Bild passt da manchem, dass Merz und Schäuble fehlten. Nun lässt sich nur schwer rekapitulieren, warum das so gewesen ist. Bei Schäuble weiß man immerhin, dass er an dem Abend im sächsischen Bischofswerda um Wähler kämpfte. „Merkwürdig“ und „unangemessen“ finden das Fehlen trotzdem viele. Zumal: Während der aus dem Parlament ausscheidende Merz für Merkel eine problematische Personalie gewesen ist, könnte Schäuble das erst noch werden. Immerhin rumort es in der Unionsspitze heftig, weil mancher das Bundesinnenministerium künftig gerne selbst besetzen würde – während Schäuble-Anhänger auf dessen klares Profil verweisen und einen Verzicht auf den 66-Jährigen für einen dramatischen Fehler hielten. „Egal, warum er fehlte – Schäuble hätte dabei sein müssen“, sagt einer, der Minister war und es nicht mehr werden möchte. Seine Vermutung: „Man hätte ihm eine Rolle geben müssen – und das ist vielleicht nicht gewollt gewesen.“ Stefan Braun
(SZ vom 28.8.2009)
Eine Machtpolitikerin, die respektiert, aber nicht geliebt wird und deren Machtperspektive ohne inhaltliche Ambitionen ist (und diese auch nicht fördert), führt zu einer Erosion der Partei. Und selbst eine Kanzlerpartei, die Inhalte noch nie sonderlich ernst genommen hat, muss sich die Frage stellen, wohin die Reise geht und was die eigene Mannschaft ausmacht.
Aber wo sehen wir eine Person hinter der Kanzlerin, die Modernität und konservatives Denken wieder eine originelle Mischung miteinander bringen und die damit eine eigene Denktradition begründen (bzw. die CDU Tradition des menschenorientierten, subsidiären, föderalen originell fortschreiben?)