Angela Merkel trifft sich heute mit Europas und Japans Automobilherstellern, um ihr Ziel, 1 Mio. Elektro-Autos bis 2020 auf den Markt zu bringen, zu retten. Ob es klappt, das weiß niemand. Es liegen erste Vorschläge auf dem Tisch, wie die Zielmarke zu retten ist.
1 Mio. Elektroautos ist eine Menge Holz, gerade wenn man bilanziert, wie viele Autos heute auf Deutschlands Straßen kurven: Es sind 3000. Zu groß sind die Vorbehalte, die die Käufer gegenüber sehr teuren und nicht jederzeit fahrtüchtigen Elektroautos hegen.
Auch wenn sich die deutschen Autohersteller ganz unterschiedlich gegenüber dem Elektroauto verhalten, man wird sich damit befassen müssen. Angefangen von BMW, die ein völlig neues Elektroauto-Konzept entwickelt hat, über die anderen Hersteller, die teils mit Elektro-Autos, teils mit Elektro-Hybrids an den Start gehen, sind erhebliche Investitionen für Elektroauto geflossen.
Ich gebe zu, erst wollte ich schreiben, alles Mist. Weil der Markt ist der Markt. Und wenn sich die Unternehmen auf Investitionsmittel vom Staat verlassen, sind sie verlassen. Da neige ich zu einer gewissen Marktradikalität.
Aber sehen wir uns das Ganze mal aus einer Vorwärtsperspektive an, verzichten wir darauf, darüber zu reden, dass Elektromobilität der Rettungsanker der deutschen Premiumhersteller ist, weil die Anrechnungsquoten ihnen ermöglichen, ihre nach wie vor gefragten Dickschiffe zu produzieren. Denken wir also nicht darüber nach, dass Audi, BMW und Mercedes als Weltenretter auftreten sollen, sondern eine Brücke bauen müssen zwischen ihren jetzigen und gut verkauften Produkten und künftigen Mobilitätswelten. Den Elektrourbanen Mobilitätswelten zum Beispiel.
Henning Kagermann, Chef der Elektromobilitätsplattform, schlägt vor, die Markteinführung von Elektroautos mit einer Steuerbefreiung und einer 50% Sonderabschreibung für gewerbliche Nutzer zu flankieren. Man muss nochmal nachrechnen, was das kostet, aber der Vorschlag könnte was haben. Schließlich geht es nicht darum, dass der Staat zahlt, sondern der Staat das Zahlen flankiert. Die Unternehmen kommen damit auf die Stückzahlen, die sie benötigen, vielleicht entwickeln sich dadurch besondere Märkte, regionale Zulieferer, professionell eingesetzte Fahrzeuge, die das wesentliche Problem, die Stehenbleib-Hürde, die größte psychologische Barriere, überwinden hilft. Systemisch ist da kein großer Unterschied zur EEG-Einspeisevergütung, mal abgesehen, dass die 50% Sonderabschreibung ein Einmaleffekt, das EEG einen 20 Jahre Nachhall hat.
Neue Märkte umzuswitchen kostet Geduld, Zeit, Investitionsmittel und Investitionssicherheit. Mit dem Ruf nach Steuerbefreiung und 50% Sonderabschreibung könnten die Automobilunternehmen, die in Sachen eMobility Mut bewiesen haben, bei der Markterschließung flankiert werden. Ja, klar, Elektroautos sind keine Fahrräder, aber Weichenstellungen bedeuten, dass sich die Dinge in die richtige Richtung bewegen. Welcher Klimaeffekt unterm Strich rauskommt, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Aber es ist richtig und wichtig, dass Staat und Wirtschaft hier gemeinsam marschieren. Eine Entscheidung, ob dieses oder ein anderes Programm richtig ist, lässt sich nicht ad hoc entscheiden. Sondern erst, wenn McKinsey im Juni seine Szenarien vorgelegt hat und man verschiedene Pfade in Elektromobilität miteinander vergleichen kann. Wichtig scheint im ersten Schritt aber, dass die Elektromobilitätsstrategie nicht gleich zerschossen wird, sondern die Argumente eine faire Chance auf dem Marktplatz der Ideen erhalten.
Argumentative Abrüstung wäre ein erster Schritt. Und der heißt nicht, dass man alles für gut befinden muss. Sondern dass man erstmal prüft. Und nach Abwägung aller Pros und Contras zu einem Ergebnis kommt.