Krieg und Frieden. Bemerkungen zu einem rasanten Perspektivwechsel

Unter der Überschrift „Schusssicher, aber ziellos“ diagnostiziert DIE ZEIT eine Überforderung der Bundesregierung. Aber mehr noch fragt man sich, ob nicht die ZEIT überfordert ist.

Es liegt mir fern, die Bundesregierung zu loben, nur weil sie die Bundesregierung ist. Aber wenn sie sich jetzt vortastet, manchmal sprachlos erscheint, zurückhaltend, dann ist das keine Schande.

Dann ist das die Folge dessen, dass der Wechsel vom Wünsch-Dir-Was Deutschland in die Chaos-Welt in der Tat nicht ganz einfach ist.

Da ist zum einen der Widergänger des Ost-West-Konfliktes, Macho Putin. Als die EU, die USA und Europa näher an die russische Grenze rückte, schlug er zurück, militärisch.

Da ist zum anderen der Nahe Osten. Lange hat der Westen auf autoritäre laizistische Herrscher gesetzt, die zumeist die Ölkanäle offen hielten. Beginnend mit Afghanistan, gegen die Russen, so lange ist das her, haben die USA dann auch religiöse Gruppen unterstützt, frei nach dem Motto, wer gegen unsere Feinde ist, ist unser Partner. Blöd nur, dass Gewehrläufe ihre Zielrichtung verändern können.

Seitdem ist Im Nahen Osten Krieg, immer irgendwo. 1978 fielen die Russen in Afghanistan ein, 1979 flüchtete der Schah von Persien und Ayatollah Khomeini übernahm, es folgten der erste (1980), der zweite (1990) und der dritte Golfkrieg (2003), der Bürgerkrieg in Libyen, die nur indirekte Intervention in Syrien, der Libanon ist ohnehin im Dauerbrand, Ägypten nicht zu vergessen, mit einem kurzen Hoffnungsschimmer. Der Sieg islamischer Kräfte wurde dann wieder durchs Militär weggeputscht. Und jetzt die IS, die mit westlichen Waffen, und, wie man liest, mit einer halben Milliarde Dollar im Gepäck, Steinzeitdenken etablieren. Jedermann weiss, dass die Saudis und Katar dieses Steinzeitdenken finanziert haben, die preferred Partner des Westens.

Die Jahreszahlen zeigen, dass das alles nicht von heute auf morgen passiert ist. Aber in unser, also dem Bewusstsein des Westens, ist dieser Umstand erst durch die Enthauptungen gerückt. Offensichtlich, so das Gefühl, können wilde Räuberbanden den ach so starken Westen und seine Verbündeten, bzw. die ehemaligen Verbündeten, einfach so verjagen.

Ist es ein Wunder, wenn jetzt die Bundesregierung zögerlich ist? Oder sollten wir nicht lieber dankbar sein über dieses Zögern, jetzt, wo klar wird, dass die USA nicht weiter rauchende Colts spielt, die Deutschen, die als gefühlte Friedensengel durch die Welt rauschen, sich verwundert die Augen reiben über den Unfrieden in der Welt.

Das klingt spöttisch, ist es aber nicht, Wir stellen fest, der Westen ist mental am Ende. Er weiss, dass mehr Waffen Mist sind und liefert sie doch. Umgekehrt würden Friedensgesänge, das wissen auch die meisten Grünen, ja auch keinen Frieden stiften.

Was fehlt, ist eine Idee. Wie geht der Westen mit der Tatsache um, dass er den nahen Osten aktiv ruiniert hat, so dass die zahlreichen Varianten des Islam, die uns steinzeitlich scheinen, für manche dort noch besser erscheinen als ein „Weiter so“. Auch für manche im Westen gross gewordenen.

Haben wir da eine Antwort? Wie stehen unsere Werte, Freiheit, Frieden, Menschenrechte, in der Welt da? Was ist es anderen Ländern und Kulturen wert, zumal, wenn sie sehen, wie wenig es, NSA und Snowden lässt grüssen, wie wenig wert es dem Westen selbst ist.

Geben wir es zu: Wir sind ratlos. Unser Weltbild ist erschüttert, wir haben weder ein Gefühl, noch eine Erklärung, noch können wir, die wir von unserer Kraft und Stärke überzeugt sind, die Dinge regeln.

Wir müssen uns vortasten.

Es wird Zeit, dass wir darüber nüchtern nachdenken, was das bedeutet. Da hat dann auch die Zeit Recht.

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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