Darauf bezieht sich der Beitrag zur wirtschaftspolitischen Diskussion der Grünen.
Gerd Schick bläst, so liest sich das, zur Attacke. Die Grünen müssten sich, so wird er in Spiegel online zitiert, kritisch gegenüber Konzernen aufstellen. Die Realo-Gegenseite, so wieder Spiegel online, will dagegen „mit der Wirtschaft“ arbeiten.
Soweit, so gut. Dem aufmerksamen Beobachter drängt ich schon jetzt das Gefühl auf, geht’s eigentlich noch pauschaler?
Meine Empfehlung: Die Diskutanten sollten sich erst einmal darüber verständigen, was unstrittig ist. Oder, was ohnehin nicht zur Disposition steht.
So klingt das bei Schick, wenn man Spiegel online liest:
Die Grünen, wird er indirekt zitiert, müssten künftig klar als „Anti Big Business-Partei“ auftreten. Und wörtlich: „Wir müssen klare Kante gegenüber globalen Konzernen zeigen“. Monopole müssten entflochten, Lobbystrategien großer Konzerne durchbrochen werden. So Schick indirekt weiter.
Ist das falsch? Ist das richtig?
Unstrittig dürfte sein, dass „Big Business“ tatsächlich ein Problem ist. Wer die US-Politik, wer die Finanzkrise aufmerksam studiert (und Gerhard Schicks lesenswertes Buch „Machtwirtschaft“ gelesen hat), der kommt zwangsläufig zu dem Schluß, dass Politik in den USA, aber auch bei uns, zu sehr den Einflüsterungen global agierender Konzerne erliegen. Die sind halt schon da, wenn was in der Zeitung steht. Die wissen, was Politiker brauchen und verpacken ihre Interessen dann mund- (und strategiegerecht). Was im Übrigen völlig legitim und im gesetzlichen Rahmen ist.
Auf der anderen Seite:
In Branchen, in denen global „Big Business“ dominiert, meint Gerhard Schick dann tatsächlich, dass Deutsche Unternehmen dann entflochten, zerschlagen werden sollte? Deutsche Bank, Telekom, Siemens zum Beispiel? Wenn’s konkret wird, dann fällt das Popanz „Anti Big Business“-Partei schnell in sich zusammen. Die Big Business Theorie wäre super, wenn es Durchgriffsmöglichkeiten gäbe. Weil aber das Bewusstsein und die Handlungsfähigkeit von Ländern, von Regionen nur langsam wächst, kann Politik, gar nationale Politik kaum etwas ausrichten. Gerhard Schick listet in seinem Buch einige gute Ideen auf, was zu tun ist, u.a. die Idee, dass eine kritische transnationale Öffentlichkeit entstehen müsste. Ja, das ist richtig, aber, nein, eine wirkungsvolle Strategie sieht anders aus. Also, warum muss man dann den Mund so voll nehmen?
Und dann: Großkonzerne, das sind auch bestehende Arbeitsplätze. Da tun sich dann auf einmal ganz andere Fronten auf, wenn es um die Zerlegung und den Abbau von Arbeitsplätzen geht. Da heißt es tapfer sein nach allen Seiten.
Und die Realos? Die Botschaft, mit der Wirtschaft arbeiten, höre ich auf allen Seiten. Aber ist das wirklich eine Botschaft? „Mit DER Wirtschaft arbeiten“? Wer ist „DIE Wirtschaft“ eigentlich? Es gibt große, mittlere und kleine Unternehmen. Es gibt Unternehmen, bei denen alleine Profit zählt. Und dann gibt es Unternehmen, die verstanden haben: Dass Energiewende auch Wachstumsmärkte schafft, dass Menschen Bedürfnisse haben, neue Bedürfnisse, für die sie Lösungen schaffen. Dass die Ressourcen der Welt nicht grenzenlos sind. Und dass die Menschen, die in ihren Unternehmen arbeiten, auch davon leben können sollten.
Es gibt also solche und solche.
Grüne Politik muss sich also nicht auf „die Seite der Wirtschaft“ schlagen. Die gibt es schon längst nicht mehr. Sondern grüne Politik sollte die Unternehmen, Unternehmerinnen und Unternehmer um sich sammeln, die, wie wir, an einer demokratischen Gesellschaft, an sozialer Balance interessiert sind und als Unternehmer(in) dazu beitragen wollen.
Ja, die Steuerbeschlüsse waren falsch, weil die Mehrheit der Gesellschaft nicht das Vertrauen hat, dass so viel viel hilft.
Und wir brauchen andere Rahmenbedingungen für mehr Investitionen. Und zwar da, wo Unternehmer festlegen, nicht die Politik.
Und dann brauchen wir die Unterstützung derer, die wissen, dass wir die Herausforderungen von morgen nicht in der Aufstellung von Gestern bewältigen können.
Das, was grüne Politiker immer Umbau der Gesellschaft nennen, heißt auf ökonomiedeutsch „Chance Management“. Und die, die sich an diesem „Change Prozess“ beteiligen wollen, die wollen wir für die Grünen gewinnen.
Dabei sollten Grüne mal ihre grüne Brille abnehmen. Change Management, das heißt auch, den Wohlstand, das Wohlergehen, das Wirtschaftswachstum des Westens, im Auge zu behalten.
Ralph Fücks setzt dann immer auf ökologische Innovation. Das ist gut so. Aber woher Ralph Fücks die Zuversicht nimmt, der Rebound-Effekt würde den Ressourceneffizienzfortschritt neuer Technologien nicht wieder auffressen, kann man, auch nach Lektüre seines Buchs nicht nachvollziehen. Ich teile diesen apodiktischen Zukunftsoptimismus nicht, aber es ist lediglich die einzige Option, die wir haben. Neben Verzicht und Rückbau von Ansprüchen.
Zukunft ist ein offener Prozess
Eine, im grünen Sinne gute Zukunft werden wir dann erreichen, wenn wir viele Unternehmen und Unternehmen in diesen Denk- und Handlungsprozess einbeziehen können. Wenn wir eine breite gesellschaftliche Bereitschaft herstellen können, diesen „Chance Prozess“ mit zu gehen. Wenn Grüne nicht immer mit dem Rezeptbuch des „Umbaus der Gesellschaft“ herumlaufen, das suggeriert, wir wüssten alles, die anderen sind nur die nützlichen Idioten, die das umsetzen sollten. Da kann eine richtige grüne Nase sehr schnell in Rechthaberei umschlagen.
Was wir Grüne brauchen, sind Unternehmer, die wissen, dass sich der Westen, Europa, Deutschland auch künftig im Wettbewerb behaupten muss. Und die trotzdem „das Ganze“ ökologische Herausforderungen, sozialen Zusammenhalt und faire Entwicklungschancen für die anderen Regionen im Auge behalten.
Unternehmer erwarten dann auch, dass man auf sie hört: – anders, als jetzt bei der CDU, bei der die Mittelstandsvereinigung zu einer geduldeten Minderheit geschrumpft ist. – und sie nicht in den Pauschaltopf, sie wären doch alles Lobbyisten, geworfen werden wollen.
Was Grünen Not tut, ist Offenheit, Dialog- und Auseinandersetzungsfähigkeit mit der Wirtschaft. Da müssen auch die kritischen Punkte auf den Tisch, aber erst einmal, das ist der Kern des Realo-Gedankens, muss eine Vertrauensbasis geschaffen werden. Innergrünen Streit, wer konzeptionell richtiger liegt, hilft da nicht weiter. Sondern nur der Austausch, auch kritische Austausch mit Unternehmen. Und das Kennenlernen und ernst nehmen einer unternehmerischen Perspektive.