Mindestlohn. Eine erstaunliche Debatte….

Manchmal wundert man sich. Ein Mindestlohn, finde ich, ist einfach ein politisches Signal an die Gesellschaft: Zusammenhalt. Man kann diskutieren, wie man den festlegt, ob er was nutzt. Aber es leuchtet mir ein, dass es Rahmenbedingungen geben muss, damit Menschen von ihrem Lohn leben können. Die Absenkung der Lohnniveaus, die zunehmende Erschließung von Möglichkeiten, damit Menschen in Arbeit kommen, war alles politisch gewollt. Das haben viele Arbeitgeber genutzt, um die Lohnniveaus abzusenken oder über Minijobs die Menschen in Zweitarbeitverhältnisse zu bringen.

Jetzt muss man da gegensteuern, sonst hat der Staat das alles an der Backe.

Also mindestens ein Mindestlohn, von dem man leben kann (das ist ja in Städten auch nur selten der Fall, sollte man auch mal sagen).

Verstößt das gegen Marktregeln? Nein, das besondere Produkt Arbeit ist darauf angewiesen, dass es sich von seinem Lohn reproduzieren kann. Sagt ja niemand, der Mindestlohn wäre zu hoch…..

Im übrigen ist das auch ein Instrument gegen Ausländerfeindlichkeit. Schließlich ist deutschen Schlachtern auf den Schlachthöfen die Arbeit deswegen ausgegangen, weil Bulgaren, Rumänen als Scheinselbständige engagiert worden sind, übrigens oftmals in unsäglichen, leibeigenenähnlichen Verhältnissen hausend.

So entsteht Fremdenhass. Das sollten auch mal Unternehmerverbände zugestehen und mit der Jammerei aufhören. Zusammenhalt ist keine Einbahnstraße. Und wenn Unternehmen nur mit Hungerlöhnen überleben können, ist was falsch…

Und die Zeitungsausträger? Ähnliche Geschichte. Wenn einer ganz früh am Morgen sich die Füße ablatschen muss, soll er dafür auch Geld kriegen. Warum soll das zu einem Lohn passieren, der, hochgerechnet, nicht zum Leben reichen würde? Bei den Saisonarbeitern kann man vielleicht noch anders argumentieren, aber nur, wenn man dann einbringt, dass Polen und Ukrainer für kurze Zeit hierher kommen, also an einem polnischen oder ukrainischen Lebenssstandardmodell gemessen werden.

Was mich an den ganzen Debatten am meisten stört, ist, dass sie so abstrakt geführt werden. Man muss sich nur in die Lage eines Geringverdieners versetzen, der durch solche Niedriglöhne aus der Arbeit gedrängt wird. Dann kann man auch als Bildungbürger die Bedrohung verstehen. Und verzweifelte Wahlverhalten auch.

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. ThomasW

    Die Debatte um den Mindestlohn ist in Deutschland eine Scheindebatte. Das zeigt sich an der Höhe des geforderten Mindestlohns von 8,50€. Damit liegt er gemessen an der Produktivität Deutschlands ca. 2,00€ zu niedrig. Das ist eine enorme Differenz. Im Kern debattieren wir hier über fortgesetztes und staatlich gefördertes Lohndumping.

    Dazu muss man sich die Frage stellen, ob ein Unternehmen, das noch nicht einmal den Mindestlohn zahlen kann, überhaupt wert ist, zu existieren und ob es nicht durch seine Existenz den Unternehmen schadet, die eine Leistung zu Arbeitsbedingungen bereitstellen können, die den Arbeitnehmern ein auskömmliches Leben von ihrer Arbeit ermöglicht.

    Zudem kann man sich die Frage stellen, ob durch die Arbeitsmarktpolitik von Rot-Grün überhaupt Arbeitslosigkeit abgebaut wurde. Diese Rechnung funktioniert ja nur, wenn man rein national bilanziert. Für eine Exportnation wie Deutschland ist das eine merkwürdig beschränkte Sichtweise. Wenn man davon ausgeht, dass die deutsche Lohnpolitik auch starken Einfluss auf die EU hat und man die aktuelle Arbeitslosigkeit in der EU betrachtet, ist die Arbeitslosigkeit eher gewachsen. Und das ist auch kein wunder, hat Rot-Grün doch eine deflationäre Politik betrieben. Deflation ist der Job-Killer schlechthin.

    Man kann die Frage bzgl. Lohn und Arbeit nicht losgelöst von der Frage betrachten, wozu wir überhaupt arbeiten gehen: um Waren und Dienstleistungen zu produzieren, die wir in unserem Alltag brauchen oder haben wollen. Es geht nicht darum, die Zeit totzuschlagen, weswegen die Beseitigung von Arbeitslosigkeit um jeden Preis kein Ziel sein kann. Heute sind wir in der Lage, mehr als genug zu produzieren, deswegen muss es auch möglich sein, das alles auch einigermaßen gleich zu verteilen.

    Wenn man davon ausgeht, dass es vielleicht auch Ungleichheit braucht, um Menschen zu Leistung zu motivieren, dann muss man sich auch mit der Frage beschäftigen, wie wenig Ungleichheit notwendig ist, um dieses Ziel zu erreichen. Aktuell agieren wir dabei aber nach der Vorstellung „Viel hilft viel!“.

    Es ist aber nicht schlüssig, wenn auf der einen Seite Waren produziert werden und der Erfolg eines Unternehmens darauf basiert, standardisierte Massenprodukte (denn nur bei deren Erzeugung rentiert sich der Einsatz von Technik bzw. Kapital) an die breite Masse zu verkaufen, wenn auf der Seite der Verteilung, die via Geld erfolgt, eine andere Verteilung angestrebt wird. Eine Asymetrie bei der angestrebten Verteilung der Waren und bei der Verteilung der Einkommen muss deswegen zu Krisen führen.

    D.h., allein schon aus ökonomischen Gründen muss man eine möglichst breite Gleichheit bei den Einkommen anstreben um Ungleichheit möglichst gering zu halten. Dann erübrigen sich auch staatliche Eingriffe wie Mindestlohn oder Umverteilung. Für das bisschen Reichtum einiger Weniger, damit sich diese anstrengen und besondere Leistungen erbringen, können wir dann locker noch etwas Geld zusammenlegen. Das passt dann schon.

  2. Frank Hessenland

    hoert sich ja edel, hilfreich und gut an.

    Was aber, wenn die Rationalisierung, Digitalisierung, Globalisierung etc pp. eine solche Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt darstellt, dass die Kosten für die Arbeit absurderweise unter die Schwelle gedrückt werden, unter der ein Mensch in Deutschland nicht mehr so leben kann, wie wir das schön finden?

    Dann sprang seit den Hartz-Reformen die Gemeinschaft ein und zahlte Aufstockerprämien.

    Seit rot-grün hat das wohl so gut funktioniert, dass 2 Mio Arbeitslose in Arbeit gekommen sind, habe ich verstanden. Für den Staat kommt die Rechnung übrigens günstiger, als volles Hartz IV zu zahlen. Und die Leute sind in Arbeit, behalten also Fähigkeiten.

    Und die Bauern denken (noch) nicht über Ernte-Roboter nach, an denen die Drohnen-Forschung längst arbeitet.

    Sehen wir also glücklich, dass man den Mindestlohn einführt und stellen in ein paar Jahren fest, dass wir wieder Arbeitslosigkeit finanzieren müssen?

    gruss fh

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