Man könnte sagen, die Brandenburg Wahl war ein Fest der Demokratie. Über 70 Prozent sind dem Ruf der Wahlurnen gefolgt. Nein, sagen die Vertreter der etablierten Parteien, kein Fest der Demokratie, weil die Wählerinnen und Wähler ja überwiegend populistische, also Parteien gewählt haben. Im Klartext: falsch gewählt haben. Und schon seit einiger Zeit meinen ja viele, man müsse Demokratie staatlich fördern (Grüß Dich, Volkskammer!), der bayerische Verfassungsschutz setzt die Berliner Zeitung auf die Beobachtungsliste, nur weil sie sehr unterschiedliche Positionen, insbesondere zum Krieg der Ukraine publizieren.
Die neuen Bundesländer sind anders. Man könnte auch sagen, mutiger!
Ich bin oft in Brandenburg unterwegs, hatte auch Wahlkampf in Thüringen gemacht. Ich versuche mich in die Perspektive der Landbevölkerung zu versetzen. Vom Lebensgefühl her ist Politik tatsächlich weit weg. Mann und Frau leben ihr Leben, in den neuen Bundesländern erleben viele, dass keine Ärzte mehr da sind, die Krankenhäuser vor der Schließung stehen, das Auto verbotsbedroht ist. Und auch der Wert ihrer Häuser ist aufgrund der Energiewende oder des Heizungsgesetzes “enteignungsbedroht”. Politik wird also eher als Belastung betrachtet.
Und dann diese Dauerbespielung von Glücksversprechen. Egal, welche der etablierten Parteien, jede Partei hat innerparteilich ihr Glücksversprechen. Die Subline: Wählt uns, dann wird alles besser. Wir retten Euch, die Umwelt, wir haben Konzepte. Im politischen Alltag streiten sie sich dann wie die Kesselflicker, vor Ort kommt davon nichts an.
Wer sind jetzt die eigentlichen Populisten?
Für diese Menschen ist dann das Label “Populismus” nicht mehr abschreckend. Denn populistisch erscheinen ihnen die etablierten Parteien. Auch Neonazis schrecken ab. Wenn Politik macht, was sie nicht verstehen, aber auf jeden Fall keine spürbare Auswirkungen hat, dann kann man auch etwas anderes versuchen.
Ich hatte Anfang 2024 prognostiziert, dass die politische Situation am Ende des Jahres eine ganz andere sein wird, als vorher. Es war absehbar, aber die “etablierten Parteien” ihre politischen Spielchen weiter treiben und nicht erkennen, wie sich “etablierte Politik” aus der Sicht dieser Bürgerinnen und Bürger darstellt. Und, das muss man hinzufügen, weil immer wieder argumentiert wird, die AfD würde keine Politik im Interesse ihrer Wählerinnen und Wähler machen: Irrtum: Die AfD macht Schluss mit politischen Hilfs- und Geldversprechen. Setzt auf derbe Sprüche und, zumindest, schräge und polarisierende Personen. Man und frau fühlt sich repräsentiert in dem Gepöbel. Alternativ teilt sie den Schmerz der Ausgegrenzten. Sie schafft Identifikationspotential.
Soweit zum Raumschiff Berlin.
Grüne; -unterwegs im eigenen Kosmos
Jetzt zu den Hegern und Pflegern der Bunte Blumen Partei, meiner Partei, der Grünen.
Ernüchternd, wie wenig die “Intellektuellste der Parteien” fähig scheint, sich selbst zu reflektieren: Schuld sind die Russen und die Chinesen, die Fake-News ins Netz schicken, die anderen Parteien, die unhaltbare Versprechen in Sachen Abschiebung machen. Kritik ist einfach, aber besser machen ist halt schwer. Aber Selbstreflektion ist offensichtlich das Schwerste.
Offensichtlich meint auch Robert Habeck, wenn er als Spitzenkandidat in den Wahlkampf ziehen würde, könnte das schon klappen. Lieber Robert, ja, Du bist der Einzige, der das kommuikative Potential hat. Aber der Glaube, man müsse das alles nur besser erklären, ist falsch. Was die Menschen wollen, ist Führung. Und die fängt bei der eigenen Partei an.
Denn da ist viel im Argen:
1) Die Bundestagsfraktion ist dominiert von Menschen, die binnengrüne Karriere gemacht haben: Grüne Jugend, Seilschaften, vielleicht noch Mitarbeiter, dann Abgeordneter. So war das nicht gedacht.
2) Das grüne Denken über Gesellschaft steuert immer mehr auf ein quasi planwirtschaftliches Denken zu. Ausgeblendet wird dabei, dass nationale Politik längst nicht mehr die Macht hat, die sie suggeriert. Steuerung wird zur Pseudosteuerung, wenn, Beispiel eAuto-Förderung, diese schnell angeschoben wird, dann hau ruck wieder gestoppt wird, weil das Geld weg ist. Auch das “heilige” 49 Euro Ticket, scheinbares Erfolgskonzept, führt seit seiner Einführung dazu, dass die Finanzierung der Öffi-Infrastruktur ausblutet: Jedes Jahr wird die Diskussion über die Zuschüsse neu aufgemacht. Wer auf das Gesundheitswesen blickt, weiß, was ich meine. Politische Versprechen, beispielsweise die Infrastrukturinvestionen in Krankenhäuser, sind über Jahrzehnte unterblieben, weil die Länder das einfach unter den Tisch haben fallen lassen. Lieber hat die Politik neue Projekte angekündigt.
Insofern hat eine Spitzenkandidatur von Robert Habeck nur dann Sinn, wenn wir 1) unser Weltbild revidieren, die Kraft marktwirtschaftlicher Gesellschaften nicht nur beim Preiswettbewerb feiern, sondern als komplexen “Problemlöser”. Und wenn Politik ihre Rolle als Rahmengeber entdeckt. Da könnte man was von der FDP lernen.
Und 2) sollten wir unsere Kandidatenauswahl überprüfen. Ich bin in dem Wahlkreis zuhause, der einen, eine Nachfolgerin für Renate Künast sucht. Vier Kandidierende, alle sehr nett, sehr mainstreamig grün, auch wirklich sympathische Menschen, aber irgendwie wollen alle vor allem den Parteimitgliedern gefallen. Öffentliche Überzeugungskraft kann ich mir, bei aller Sympathie zu allen, nicht vorstellen.
So wird das nichts!
Insofern bleibe ich etwas ratlos. Die Berliner Politikblase, Politiker, Journalisten, aber auch immer mehr Lobbyisten, konzentrieren sich darauf, Subventionen zu fordern. Marktwirtschaft also zu entmarktwirtschaftlichen. Ob die CDU die sinnvollen Dinge, über die sie jetzt redet, die Abschaffung zur EU konkurrierender Gesetzgebung, die Verbesserung von Rahmenbedingungen und vieles anderes, das dazu dienen könnte, die Selbstwirksamkeit unternehmerischer Akteure zu stärken, auf mittelfristige Effekte zu setzen und auf kurzfristige Versprechen zu verzichten; -wir werden es sehen.
Klar ist, dass die Politik für ein solches Umsteuern mutige und nicht populäre Ansagen machen müsste.