Die Neoliberalen sind ja für alles, was links, intellektuell oder aufgeklärt ist, der Watschenmann an sich. Wenn es ihn nicht schon gäbe, man müsste ihn, den Begriff, oder die Begriffsbesetzer erfinden.
Da lese ich heute einen interessanten Beitrag darüber, wie Zimmer von der Monopolkommission sich doch gegen euro-Alumnia positioniert.
Angeblich sind ja beide aus demselben Lager. Aber offensichlich ist der Europäer den Einflüsterungen der Cheflobbyisten und seinem eigenen Wunsch erlegen, mal was gestalten zu können (oder zumindestens, das, was kommt, so auch zu unterstützen).
Most interesting!
Ein interessanter Artikel aus der App der Süddeutschen Zeitung:
Wirtschaft, 17.12.2013
Mobilfunk
Staatskonzern a. D.
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Von Varinia Bernau
München – Der Wähler hätte gern einen schnellen und billigen Internetanschluss, der Finanzminister eine prall gefüllte Kasse und die Manager hätten gern üppige Gewinne. Alle zufriedenzustellen ist keine einfache Aufgabe. Immerhin, die neue Bundesregierung bekommt dazu nun ein 100 Seiten starkes Papier an die Hand. In dem Gutachten, das die Monopolkommission am Montag vorgelegt hat, findet sich sogar ein Vorschlag, woher das Geld für den Breitbandausbau kommen könnte: Der Bund soll seine Anteile an der Deutschen Telekom verkaufen, die derzeit mehr als 16 Milliarden Euro wert sind. Viel Geld, das etwa in Förderprogramme für den Breitbandausbau fließen könnte. Wichtiger aber ist nach Ansicht der Ökonomen: Der Staat könnte, wenn er sich von seiner Beteiligung trennt, seine Rolle als fairer Regulierer wahrnehmen, statt auf Dividenden der T-Aktie zu schielen. Derzeit hält der Bund 31,9 Prozent an der Telekom. Auch der 21-Prozent-Anteil an der Post „vermittle keine wesentlichen Einflussmöglichkeiten und sollte veräußert werden“, sagt Daniel Zimmer, Vorsitzender der Monopolkommission. Irritiert zeigt sich das Expertengremium, das die Regierung berät, über die Signale aus Brüssel: Selbst Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia hat sich für transnationale Fusionen auf dem Telekommunikationsmarkt ausgesprochen. „Die Vorstellung, dass die Politik für größere Einheiten sorgen muss, leuchtet uns nicht ein“, sagt Zimmer. Für den Verbraucher sei es egal, ob ein Mobilfunkanbieter europaweit mitmische. Beispiel Österreich: Dort gibt es seit eineinhalb Jahren nicht mehr vier Mobilfunkanbieter, sondern zwei große und einen kleineren. Die Preise seien seither teilweise um mehr als 60 Prozent gestiegen. In Deutschland, so Zimmer, wäre die Situation nach dem Zusammenschluss von E-Plus und O2 eine andere: Es entstünden drei Anbieter mit einer ähnlichen Kundenzahl und ähnlichen Ressourcen. Das spreche für weniger statt für mehr Wettbewerb.
Und damit für hohe Preise und einen schleppenden Netzausbau. Der Fall liegt zur Prüfung in Brüssel. Deshalb plädiert die Monopolkommission auch im Festnetz für mehr Wettbewerb. So dürfe die Politik die Telekom nicht aus der Pflicht entlassen, ihr Netz auch anderen Anbietern zur Verfügung zu stellen. Würde der Konzern den Zugang zur letzten Meile, also dem Weg vom grauen Kasten an der Straße zum Haus, verweigern, könnten kleinere Anbieter auf der Strecke bleiben – und ihrerseits die Investitionen in den Netzausbau nicht mehr stemmen. Darunter, so die Sorge der Monopolkommission, würden vor allem die Menschen auf dem Land leiden. Gerade in kleineren Städten oder in dünn besiedelten Bundesländern wie Niedersachsen tun sich die Stadtwerke oftmals mit regionalen Anbietern zusammen, um sich etwa die Tiefbaukosten zu teilen. Für das Glasfaserkabel wird dann die Straße aufgerissen, wenn ohnehin Bauarbeiten anstehen. Die Telekom nimmt solche Anstrengungen vor allem dort auf sich, wo es sich lohnt. Ohne Druck der Wettbewerber, ist Zimmer überzeugt, hätte die Telekom auch kaum neue Technologien entwickelt, die eine schnellere Datenübertragung ermöglichen. „Die Telekom ist nicht die Investitionslokomotive“, sagt Zimmer. In der Summe haben die kleineren Anbieter gemeinsam sogar mehr Geld in den Netzausbau gesteckt als die Telekom.
Gutachten
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Das Gutachten der Monopolkommission finden Sie hier.
Varinia Bernau
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Varinia Bernau, Jahrgang 1980 und an der Ostseeküste aufgewachsen, hat in Bielefeld, Paris und Salamanca Geschichte und Psychologie studiert. Anschließend war sie ein Jahr in Berlin – mit Stationen bei der Berliner Zeitung und der Nachrichtenagentur AFP. Zwei weitere Jahre hat sie bei der Sächsischen Zeitung in Görlitz verbracht und kam anschließend fürs Volontariat zur SZ, wo sie inzwischen die digitale Wirtschaft im Blick behält. In München hat sie auch die Berge entdeckt. Noch lieber aber wandert sie durch Frankreich – nicht zuletzt des guten Essens wegen.
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