Politik fühlen. Was aber, wenn kein Gefühl da ist (WON07)

Lebhafte Diskussion gestern Abend. Wieder mal: Was wählen. Rotgrünes bildungsbürgerlichen Umfeld, große Ratlosigkeit. Und wieder die klare Botschaft: Von den Grünen erwartet man nichts mehr, die sind so berechenbar geworden, langweilig. Teil des Betriebs. Stimmt schon.

Über die Sozialdemokraten war man sich auch schnell einig. Zwar wurde Steinbrück unterschiedlich gesehen, aber deutlich war schon: Für einen Teil der Sozialdemokraten ist er ein echtes Feindbild. Einer von denen da droben. Schlechte Parteiführung. Anstatt sich zwischen den Flügeln zu verständigen, Brücken zu bauen und gemeinsam ein begrifflich ideologisches Brückenbauwerk zu errichten, bleibt die Partei offensichtlich gespalten.

Mit so einer Partei kann man keinen Staat machen, weil es ja, trotz Linkspartei, immer noch zwei Parteien sind.

Auch wenn das jetzt nicht lehrbuchmäßig ist: Ich finde ja immer, die Menschen, also die, die über Politik reden, haben ein ganz gutes Gefühl dafür entwickelt, ob das ganze Programmgedönse glaubwürdig und belastbar ist. Der Geist der Programme muss die Stimmung der Bevölkerung treffen. Ich bin mir ebenso sicher, dass sich die Menschen weiter Sorgen um den Euro machen, das Nr. 1 Thema. Sie ahnen, dass es da keine richtige Lösung gibt. Deshalb Vertrauen sie lieber jemandem, der sich da vortastet. Auch wenn der Wunsch besteht, mal die Kavallerie reiten zu lassen. Aber es besteht die Befürchtung, dass der Kavallerieführer sich auch mal ganz schön vergaloppieren könnte. Auch ohne Pferd: Für seinen superschlauen Adjutanten könnte das auch gelten.

These: Steinbrück ist der letzte Alt 68er. Und ich weiß nicht, was Trittin reitet, er ist ja ein ganz reflektierter, kalkulierter, diese grünlinks-Nummer ist so schräg, es kann nicht sein, dass er, das die ganze Spitze nicht begriffen hat, warum man grün wählt: Wegen der Unkonventionalität, wegen analytischer Klarheit, wegen der Neugier auf neue Lösungen. Aber nicht wegen mehr Lust auf alte, linke Politik. Da war man schon mal weiter bei Grüns.

Was mich ganz ehrlich noch verwundert, ist, dass die Alternative für Deutschland keine Rolle spielt. Denn eurotechnisch finde ich (und nicht nur ich) es ganz einleuchtend, wenngleich tragisch, dass der fehlende Wechselkurs den südlichen Ländern das Genick bricht. Für diejenigen, die mich auf Rechtskurs wähnen, ist nicht so. Lese gerade Wolfgang Streecks, gekaufte Zeit, ausgewiesener Linker, der sich auch ratlos zeigt, aber, nach intensiver Auseinandersetzung mit der ganzen Nachkriegswirtschaftsentwicklung zu dem Schluss kommt, besser Abwertung als alle Länder in ein Einheitskorsett zwängen. Ich teile seine Romantik wegen der südländischen anderen Lebensmodelle nicht ganz. Aber weil es der nationalen Politik dann nicht gelingt, eine Lösung von außen einzufordern (die sogenannte Solidarität, von der Rotgrün immer redet) und sie selber den nicht nachhaltigen Mist, den sie angerichtet haben, beseitigen müssten, wäre das hilfreich.

Ja, auch mir graut vor dem Gedanken, dass man den Euro auflösen und nationale Währungen wieder einführen würde. Unberechenbarkeit. Aber hilft es, darüber nicht zu reden? Oder hilft gar die von rotgrün gewünschte Flucht nach vorne? Solidarität in einer Konstruktion, in der man keinerlei Ergebnisverantwortung mehr spürt, klappt nicht, da bin ich realistischer Pessimist. Schon der Begriff „Politische Verantwortung“ verweist auf Unverantwortlichkeit.

Um wieder zur Alternative für Deutschland zurück zu kommen. Man wählt keine Partei, von der man keine mediale Wahrnehmung hat, nicht spürt, was die Menschen treibt. ich würde sie ja auch nur für den Issue wählen, denkzettelmässig. Damit Grüne mal mit ihrem Gutmenschengesäusel aufhören. Und wieder das Hirn einschalten.

Noch dreiunddreißig Tage bis zum Weiter so…….

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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