Es gibt Zeitungsbeiträge wie den in der heutigen Berliner Zeitung, die deuten über den Einzelfall hinaus. Klaus Wowereit scheidet als Regierender Oberbürger aus und hinterlässt am BER einen Scherbenhaufen, titelt die Berliner Zeitung. Und es geht nicht darum, dem scheidenden Bürgermeister eines reinzuwürgen. Sondern sich bewusst zu machen, was hier alles beschrieben wird. Und was das heisst.
Die Geschichte: Nach einen schon fast unendlichen Ausschreibungsverfahren mit vielem Hin und Her entscheidet der Flughafen, selbst zu bauen. Weil es dann billiger wäre.
Sechs Wochen vor Inbetriebnahme verkündet das Management, der Flughafen könne nicht in Betrieb genommen werden.
Zwei Jahre später steht immer noch kein Eröffnungstermin fest.
Der Aussichtsratsvorsitzende war zurück getreten und ist mangels Feigheit anderer wieder ins Amt gekommen.
Alle wursteln irgendwie weiter.
Die Kosten sind von, ich hoffe, ich erinnere mich richtig, von 1,12 Mrd. DM, laut Gutachten 1995, auf 2,4 Mrd. €, laut Betreibern bei Baubeginn gestiegen, Inzwischen wird von 4,3 Mrd, € gesprochen, offiziell. Aber darüber redet schon niemand mehr, weil auch niemand glaubt, dass es dabei bleibt.
Die beiden beteiligten Länder Berlin und Brandenburg wollen nicht mehr mit ihren politischen Spitzen vertreten bleiben, obwohl längst klar ist, dass der Flughafen längst an die Dimension des Berliner Bankenskandals heranreicht. http://de.m.wikipedia.org/wiki/Berliner_Bankenskandal. Jetzt sollen Staatssekretäre und Minister statt Ministerpräsidenten die öffentliche Hand repräsentieren. Jetzt, wo klar ist, das damit keine Wahl mehr zu gewinnen ist, wird von weniger politischer Repräsentation gesprochen. Bezahlen muss aber der Bürger. Fällt die Schieflage auf?
Der Witz: Klaus Wowereit konnte Vorgänger Eberhardt Diepgen nur aufgrund des Bankenskandals stürzen. die damals Verantwortlichen wurden übrigens niemals zur Rechenschaft gezogen. Der heute Verantwortliche verabschiedet sich mit Gänseessen und Rotkraut vom Ort seines Versagens.
Niemand regt sich auf.
man will ja nett sein.
Und man braucht einander.
Im politischen Zirkus.
Politische Verantwortung im Jahre 2014 in Deutschland.
Perspektivwechsel.
Wie viele Selbständige und Kleinunternehmen mussten aufgrund der Nichtinbetriebnahme Konkurs anmelden oder schwere Einbußen erleiden. Und wer redet darüber?
Politik muss nicht unbedingt unfähig sein. Aber sie sollte erkennen, dass sie nicht fähig ist, aufgrund struktureller Schieflagen (u.a. weil in Grosssystemen mit kaum identifizierbarer Verantwortlichkeit und fehlender Rechenschaftslegung Einzelne einerseits kaum verantwortlich gemacht werden können und andererseits nicht zur Verwntwortung gezogen werden können. Sie kann Richtungsentscheidungen treffen, schon, ob sie wirksames Controlling ausüben kann, ist zweifelhaft.
Und die Parteien sollten endlich mal aufhören, sich selbst zu überhöhen als Vertreter des Gemeinwohls. Politische (Un-)Verantwortlichkeit kann erheblich zu gesellschaftlichem Unwohlsein beitragen.
Und allen diejenigen, die rituell meinen, Gemeinwohlgüter könnten nur in politischer Verantwortlichkeit umgesetzt werden, da sonst die Gier privater Interessen überhand nähmen, sei gesagt, dass dem Risiko privater Vorteilsnahme (weil private Unternehmen den Auftraggeber öffentliche Hand diesen nach Auftragserteilung faktisch erpressen könne) dem Risiko der Unfähigkeit der öffentlichen Hand bei komplexen Projekten, siehe Berlin, S 21, Elbphilharmonie gegenüber steht. Und das Beispiel Elbphilharmonie, bei der der Errichtungsauftrag an ein Unternehmen ging, ist nicht zufällig in diese Aufzählung geraten. Ein schnell und schludrig durchgepeitschtes Vorhaben (Vorwahlkampfzeit) hat zu extremer Kostensteigerung beigetragen. Verantwortlich: Keiner.
Wann gibt es endlich eine Diskussion, einer ernsthafte Diskussion über die Grenzen politischer (Un-)Verantwortlichkeit?
Bei Bauvorhaben wird das Problem ja wenigstens sichtbar. Bei der Eurorettung und dem Zusammenspiel von globalem Finanzkapital und Politik an einen reibungslosen „Weiter so“ ist das leider nicht sichtbar.
