Robert Murdoch. Im kapitalistischen Erfolg steckt Immer auch die Wurzel des Misserfolgs

Man stellt sich immer vor, dass große Kapitalisten einem großen Plan folgen. Weit gefehlt, die erfolgreichen Selfmade Unternehmer gehen große Risiken ein, nur die, die das erfolgreich machen, werden wahrgenommen, mystifiziert. Und beneidet.

Was erfolgreich ist, entscheidet am Ende die Realität. Und deshalb sind alle Erfolgsratgeber nur ganz subjektive Hilfestellungen, wie es hier und da mal gegangen ist. Und alle wissenschaftliche Forschung darüber, also die sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Forschung, das nur am Rande, Systematisierungen des Unwissens. Sie bringen ein bißchen mehr Licht ins Dunkel, aber nur, wenn sie nicht ganz eitel stolz sind auf ihre Forschungssystematik, sondern auch Interesse daran haben, Licht ins Dunkel zu bringen. Übersetzt, wenn ihre Forschung relevant ist und sie nicht nur in den wissenschaftlichen Rankings nach oben bringt.

Zurück zum Thema: Der MissErfolg des Unternehmers. Robert Murdoch, der Mann, der mit Härte und viel Geld die weltweite Medienszene aufgemischt hat, ist in China gescheitert.

Die Geschichte des Scheiterns, die sehr medienfreundlich auch mit der Trennung von Ehefrau Nr. 3 verbunden ist, hat Kai Strittmatter in der Süddeutschen sehr schön beschrieben. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Und viele Siege haben noch nie vor einer Niederlage geschützt. Und mancher hat am Ende seiner Karriere sein ganzes Vermögen verspielt, weil der Ehrgeiz, der ihn nach oben getrieben hat, am Ende auch seine Begrenzung gefunden hat. Manchmal in der eigenen Hybris, manchmal im Verlust der Bodenhaftung. Und manchmal, jetzt mal abgesehen von aktuellen Fall, auch nur die falsche Frau.

Wie passt so eine Geschichte, frage ich mich, in das Weltbild von Politikern. Wie ist ihre offizielle Rollenbeschreibung in Relation zu den erfolgreichen und den erfolgsuchend Gescheiterten? Oder müssen Politiker heute, so meine Vermutung, solche Geschichten ausblenden. Weil sie nicht in das grüne Tisch-Weltbild der Politikmacher, Wissenschaftler und andere Evaluationsgläubige passt.

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Medien, 15.06.2013

China

Ein Land wie Wendi
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Von Kai Strittmatter

Der 82-jährige Rupert Murdoch und seine 44-jährige Frau Wendi Deng lassen sich
scheiden. Die Trennung von der Chinesin, seiner dritten Frau, ist das
wahrscheinlich letzte Kapitel in der Geschichte einer unerfüllten Liebe: der
des Medienunternehmers zu China, dem unermesslichen Markt, dem einen weißen
Fleck, der Murdoch bei seiner Eroberung des Globus immer fehlte.

Viele andere Konzerne – Time Warner, Viacom, Disney – versuchten ebenso,
Peking einzunehmen, auch sie sind mit immer neuer Leidenschaft gegen die
Bastionen von Zensur und Parteibürokratie angestürmt, aber keiner glühte in den
vergangenen zwanzig Jahren so für das China-Abenteuer wie Rupert Murdoch. Und
keiner scheiterte so spektakulär.

Das Abenteuer begann 1993, als Rupert Murdoch – das war noch vor dem
Internet – die Macht der neuen Medien in Form des Satellitenfernsehens pries:
Diese Medien, verkündete er stolz, seien „eine klare Bedrohung für totalitäre
Regime überall“. Der Unternehmer Murdoch merkte schnell, wie sehr dieser Satz
zur klaren Bedrohung für sein Geschäft wurde: Er hatte kurz zuvor für fast eine
Milliarde Dollar den Hongkonger Satellitensender Star TV gekauft, und wollte
damit eigentlich die 1,3 Milliarden Chinesen beglücken. Chinas Premier Li Peng
aber verbot prompt den Besitz von Satellitenschüsseln – und Murdoch begann
katzbuckelnd einen beispiellosen Entschuldigungsfeldzug, der ihm am Ende den
Vorschlag des nächsten Premiers Zhu Rongji einbrachte, er solle sich doch
überlegen, Chinese zu werden.

Auf dem Weg dahin warf er die BBC von seinem Satelliten über Hongkong und
startete dafür den Sender Phoenix gemeinsam mit einem ehemaligen Offizier der
Volksbefreiungsarmee. Er ließ seinen Verlag HarperCollins einen Buchvertrag mit
Chris Patten, seines Zeichens letzter britischer Gouverneur von Hongkong und
leidenschaftlicher Demokrat, auflösen und druckte stattdessen eine Hymne der
Deng-Xiaoping Tochter Deng Rong an ihren Vater. Er nannte den Dalai Lama „einen
politischen alten Mönch, der in Gucci-Sandalen umherschlurft“, und hielt sich
lieber an die jungen Söhne der höchsten KP-Führer, die er zu Partnern in seinen
Geschäften zu machen suchte: Präsident Jiang Zemins Sohn Jiang Mianheng zum
Beispiel oder Ding Yuchen, Sohn des langjährigen Propagandachefs Ding Guang’en.
1998 lud ihn KP-Chef Jiang Zemin zu einer Privatvorführung des FilmesTitanic,
ein Werk von Murdochs‘ 20th Century Fox. Jiang, so hieß es hinterher, habe den
Film sehr gemocht, besonders die gelungene Darstellung des Klassenkampfes.

Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua pries damals „die Anstrengungen
des Medienmoguls Rupert Murdoch, über China objektiv zu berichten“. Jonathan
Mirsky, der kritische China-Berichterstatter der LondonerTimes, ebenfalls ein
Blatt in Murdochs Sammlung, erinnerte sich später so an diese Jahre: „Praktisch
nichts von mir wurde mehr veröffentlicht“.

Murdoch schien am Ziel: Er hatte Zugang zum inneren Zirkel der Macht, er
hielt 2003 gar Vorträge an der Zentralen Hochschule der Partei. Und doch
klappte es am Ende nie mit dem großen Geschäft: Immer wenn seine Firmen mal
wieder einen Erfolg vermeldeten, war der Rückschlag nicht fern. 2004 etwa
kaufte sich seine News Corporation bei einem Staatssender in der
westchinesischen Provinz Qinghai ein, Murdoch versuchte so, über die Hintertür
landesweiten Zugang zu bekommen. Aber schon ein Jahr später erließ die
Regierung neue Gesetze, die es ausländischen Investoren effektiv verboten,
TV-Sender zu kontrollieren. Die Partei wollte nie die volle Kontrolle aufgeben.

Da konnte auch Wendi Deng nicht helfen, die chinesische Ehefrau. Murdoch
hatte sie 1997 kennengelernt, sie arbeitete damals bei seinem Sender Star TV
und stand ihm bei einer Shanghai-Reise als Übersetzerin zur Seite. Er heiratete
sie 1999 und machte sie später zur Chefin des chinesischen Ablegers von
MySpace. Das soziale Netzwerk floppte in Dengs Heimat China genauso wie
anderswo. Sein Chinageschäft sei „gegen die Mauer“ gekracht, meinte Murdoch
2005 einmal. Er ließ sich dann noch einmal fünf Jahre Zeit, bis er seine
Anteile an drei chinesischen TV-Sendern verkaufte.

Als Murdochs ehemaliger Chinamann Bruce Dover 2008 ein Buch über die
Abenteuer seines Chefs in China veröffentlichte, da wählte er die Unterzeile:
„Wie der mächtigste Verleger der Welt ein Vermögen verlor und eine Frau fand.“

Jetzt ist die Frau auch weg und mit ihr wohl ein weiterer Teil des Vermögens.

Kai Strittmatter
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Geboren (1965) und aufgewachsen im Allgäu. Studium der Sinologie in München,
Xi’an (VR China) und Taipei (Taiwan). Den Journalismus erlernte Kai
Strittmatter an der Deutschen Journalistenschule in München und probierte ihn
zuerst aus in der Außenpolitischen Redaktion derSüddeutschen Zeitung. 1997 ging
er als Korrespondent nach Peking und berichtete bis 2005 aus China, Taiwan und
anderen Ländern der Region. 2005 wurde Kai Strittmatter Korrespondent in
Istanbul, zuständig für die Türkei und Griechenland. Seit 2012 ist er wieder
Korrespondent in China. Er ist der Autor mehrerer Bücher über China, Hongkong
und Istanbul.

Nennung

t

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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