Siemens. Haut weg den Scheiß! Dazu gehört auch Cromme!

Ein wirklich kluger Kommentar von Karl-Heinz Büschemann in der Süddeutschen.

Daß man irgendwann mal auf Cromme rumtrampelt, war zu erwarten, er hat sich mit seiner Säuberung zu viele Feinde gemacht. Ob und wie er das Unternehmen nachhaltiger aufgestellt hat, ist schwer zu beurteilen, derzeit sieht es so aus, dass zu schnell die Powerpoint-Methode angewandt wurde, Restrukturierung, Zusammenfassung und Liquidation von Bereichen.

Büschemann hat Recht, wenn er darauf verweist, dass die Wertschöpfungsgrundlage im Unternehmen liegen muss. Ein Unternehmer, das nur kauft und verkauft, aber es nicht schafft, die Wertschöpfung aus dem Unternehmen fort zu entwickeln, hat verloren. Und weil, sprechen wir es aus, das Mittel Bestechung und alle Vor- und Ausweichformen, wie sie bei Infrastruktur-Auslandsgeschäften gang und gäbe sind (und, wenn man auf sie verzichten muss, erst mal neue Ideen entwickeln muss), für Siemens erstmal tabu sind, zeigt sich das in der Bilanz.

Noch was anderes, auf das Büschemann hinweist, ist richtig. Siemens ist, wenn man so will, Crommes letztes Spielzeug. Der kalte Sandkastenspieler Cromme, dem sein Traumziel Villa Hügel entzogen wurde, hat in Siemens ein viel beachtetes neues Opfer gefunden.

Zeit, auch ihn in den wohlverdienten Ruhestand zu schicken. Auf dass das Unternehmen sich wieder auf sein Geschäft konzentrieren kann.

Meinung, 27.07.2013

Siemens

Das verhängnisvolle Gespann
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Von Karl-Heinz Büschemann

Ein Unternehmen zieht eine Gewinnprognose für 2014 zurück. Na und? Kann doch
mal passieren, dass eine schlechte Weltkonjunktur die Planungen eines Vorstands
über den Haufen wirft. So was kommt vor. Doch was sich nun bei Siemens
ereignet, hat eine andere Dimension: Der Aktienkurs des Technologiekonzerns
brach gleich um mehr als sieben Prozent ein, nachdem der Vorstand ein
Renditeziel kassiert hatte. In wenigen Minuten waren fünf Milliarden Euro
Börsenwert vernichtet. Das ist nicht mehr normal. Jetzt geht es um den Job des
Vorstandschefs Peter Löscher.

Aber in Wahrheit geht es um mehr. Eines der Aushängeschilder der deutschen
Wirtschaft droht, Schaden zu nehmen, weil es eine lange Reihe von
Fehlentscheidungen gab. Doch für die ist nicht allein der Vorstandschef Löscher
verantwortlich, sondern auch der Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Cromme. Die
beiden bilden ein verhängnisvolles Gespann, seit Cromme vor sechs Jahren
überraschend Löscher als ersten konzernfremden Vorstandsvorsitzenden zu Siemens
holte. Cromme hatte damals völlig überstürzt einen Mann eingestellt, der in
Amerika tätig war und von dem er nie gehört hatte. Löscher hatte keine
Erfahrung in der Führung einer großen Börsengesellschaft.

Löscher und Cromme haben es nie geschafft, den 370 000 Mitarbeitern und den
Investoren eine überzeugende Strategie für den Konzern zu präsentieren. Der an
amerikanische Geschäftsprinzipien gewöhnte Löscher hat mit Duldung des
Aufsichtsrats lieber Konzernteile verkauft, statt sie auszubauen. Erst gerade
hat er die so ertragreiche Konzerntochter Osram an die Börse gegeben. Osram hat
seine internationalen Konkurrenten nie gefürchtet. Aber dem Konzernchef hatten
sie offenbar Angst eingejagt.

Löscher hat die Mitarbeiter und Investoren mit immer neuen Rendite- oder
Umsatzzielen genervt. Die Belegschaft vermisste Ziele und den langen Atem für
den Aufbau neuer Geschäfte. Die Mitarbeiter beklagten stattdessen zunehmende
Kälte. Aber auch die Börsianer wurden enttäuscht, weil Löscher seine
Renditeversprechungen immer wieder kassierte.

Bei Siemens geht es nicht nur um die Zukunft des Vorstandschefs. In diesem
Konzern stimmt auch das Zusammenspiel von Vorstand und Aufsichtsrat nicht. In
der Führungsmannschaft herrschen Machtkämpfe, die der Aufsichtsrat nicht in den
Griff bekommt, weil das Ansehen des Chefkontrolleurs Cromme zuletzt dramatisch
gelitten hat. Der 70-Jährige musste erst im März den Aufsichtsratsvorsitz von
Thyssen-Krupp abgeben, weil er eine Mitverantwortung an der bedrohlichen
Schieflage des Essener Stahlkonzerns trägt.

Bei Siemens muss es einen Neuanfang geben. Das Unternehmen ist zu wichtig,
um es noch länger den Machtspielen eitler Manager auszusetzen. Aber es wird
kaum beim Austausch des Vorstandschefs bleiben. Auch der Vorsitzende des
Aufsichtsrates ist nicht mehr zu halten.

Karl-Heinz Büschemann
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Karl-Heinz Büschemann, Jahrgang 1952, ist einer der vielen Westfalen bei der
Süddeutschen. Er studierte Volkswirtschaft und Politik in Bonn und Regensburg
und brachte es zum Diplom-Volkswirt. Den damals generationstypischen Impuls,
Lehrer zu werden, verwarf er gleich nach dem Examen, um zu seinem schon früher
gehegten Berufswunsch zurückzukehren. Er wagte die Bewerbung bei einer
Zeitung, die auch damals schon als aussichtslos galt. Er wurde 1978 Volontär
beimTagesspiegel in Berlin und ging ein Jahr später als Redakteur zur
Wirtschaftwoche nach Düsseldorf. Es folgten sechs wunderbare Jahre bei der Zeit
in Hamburg und als Korrespondent in München. Prägend waren seine vier Jahre
als Korrespondent für denSpiegel in Washington DC und Düsseldorf. Ein Jahr
als Ressortleiter beiCapital in Köln reichten, um ihm klarzumachen, dass er
besser schreiben als Leute herumkommandieren kann. Die inzwischen zwölf Jahre
im Wirtschaftsressort derSüddeutschen hat er für viele Geschichten über die
Autoindustrie genutzt, heute ist er Chefreporter im Ressort und kümmert sich
branchenübergreifend um Entwicklungen der großen Konzerne. Nebenher entstanden
zwei Bücher, eines über den Ölwahnsinn unserer Gesellschaft und eines über die
mangelnde Weitsicht der Autoindustrie. Sein Motto als Journalist: Es ist ein
Geschenk, bei Blättern zu arbeiten, die man selbst lesen würde.

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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