Nach den Wahlkämpfen von Stuttgart und Berlin diskutieren die GRÜNEN über den Sinn von Spitzenkandidaten. Einige Thesen dazu, daß es nicht um das Ob, sondern das Wie es geht.
Die Grünen haben ein gefühltes, aber unbewußtes Verhältnis zu Führung. Joschka Fischer wurde als Autorität, als heimlicher König, akzeptiert, jetzt wird Jürgen Trittin auf das Schild gehoben. Bemerkenswert: Solche Entwicklungen kommen von Außen, aus der Wahrnehmung, nicht per Parteibeschluss.
Wer nach dem Unterschied der Wahlkämpfe vom Stuttgart und Berlin fragt, dem sei gesagt: Die Reflexivität. Während in Baden-Württemberg eine Kultur des Hinhörens etabliert wurde, also wahrzunehmen, was von dem Ausgesendeten denn tatsächlich ankommt, war der Berliner Wahlkampf ein Sendewahlkampf. Der politische Allmachtsanspruch, vorgetragen von einer grünen Alleinherrscherin.
Diese Selbstbezogenheit wurde der Partei zum Verhängnis. Die Spitzenkandidatin, die Schnodderschnautze, hätte ein gutes Gegenmodell zum verstehend interpretierenden Wowereit werden können. Wenn sie sich auf ihre Stärken als schlagfertige, gewitzte und anpackende Ex-Ministerin besonnen hätte, die keinem notwendigen Konflikt aus dem Wege geht. Weil sie das nicht muss.
Allerdings: Es hätte gelingen müssen, die Neugier der Menschen auf das, was die Kandidatin zu Berlin sagt, wie sie Berlin wahrnimmt, wecken zu können. Das ist misslungen, weil die vielleicht viel zu programmfixierten Grünen in Berlin die Blaupausen für ein grünes Berlin schon längst entworfen hatten. Und die Kandidatin dann prompt nörgelnd durch die Stadt lief.
Will heißen: Die Grünen werden einen Spitzenkandidaten haben, wenn es einer zum Format eines Spitzenkandidaten bringt. Jürgen Trittin hat das Zeug dazu. Er verfügt über eine starke Wahrnehmung in die Gesellschaft und die Partei hinein, ist reflektiert, denkt strategisch und weiss längst über die Begrenztheit der Politik.
Deshalb wird es einen grünen Spitzenkandidaten geben. Ob die Partei das beschließt, ist relativ egal, der Deal wird zwischen den Medien, der Öffentlichkeit und den Wählerinnen geschlossen. Das ist wie mit der schwarz grün Frage. Es kommt nicht darauf an, ob, sondern warum. Wenn der Grund richtig ist, akzeptiert die grüne Parteiseele das. Stupid, it’s reality.