Verbraucherschutz und Marktdesign. Nicht ganz trivial

Das Thema Marktdesign ist nicht so trivial, wie es aussieht. Zum Beispiel in Sachen Internetportale. HRS, das wissen alle, ist eine feine Sache, wenn man viel unterwegs ist. Man spart sich einfach den Aufwand und die Kosten, einzelne Hotels rauszusuchen. Und auch, wenn man immer wieder ins selbe Hotel geht, ist es einfacher, über HRS zu buchen als über das Hotel selbst zu gehen.

Auch die HRS Geschichte ist eine schöne Geschichte eines deutschen Mittelständlers, der die Umbrüche der Zeit erkannt hat.

Das Problem ist nur, dass er sich nicht selber begrenzen kann. Da muss jetzt das Kartellamt nachhelfen.

Er fordert vom den Hotels eine Best Preis Garantie und 15 Prozent vom Umsatz. Bei einem Marktanteil von 50 Prozent ist das Erpressung.

Höchste Zeit, dass das Kartellamt einschreitet.

Was mich aber interessier, ist die Frage des Marktdesigns. Es gäbe ja zwei Möglichkeiten, die Stimme des Verbrauchers zu erheben. Die eine Möglichkeit, der Verbraucher ist vernünftig, bucht auch über andere Portale (wobei man sich das jetzt genau ansehen muss, weil, wenn boooking.com 25 Prozent nimmt, ist das ja nicht besser) oder boykottiert HRS für eine Woche (Kampagne, Kampagne!!!!).

Die Alternative: Die Verbraucherschützer erheben ihre Stimme. Das Problem ist dann aber, dass das Spiel Anbieter-Verbraucher vom Markt auf den Meinungsmarkt verlagert werden würde. Aund weil auf diesem Markt sehr viele andere Waren gehandelt werden, kann die Stimme des Verbrauchers nur zu bestimmten Zeitpunkten, „wenn das Fass übergelaufen ist“, erhoben werden. Das lässt sich seitens der Anbieter kalkulieren. Und plötzlich macht Kommunikation und Lobbying Sinn, weil er direkt Einkommen (für die Anbieter) generiert.

Warum ich das schreibe? Weil diesen Mechanismus noch zu wenige verstanden haben. Verbraucherschutz ist im politischen Raum oftmals die Delegation von Verbraucherinteressen an Institutionen. Man muss sich aber auch heute Gedanken machen, dass bei einer Institutionalisierung des Verbraucherinteresses eine Vereineitlichung und „Fiktionalisierung“ des Verbraucherinteresses stattfindet. Beim VZBV kann man das ja bereits beobachten. Der artikuliert gesundheitspolitische Meinungen, die sehr politisch sind. Mit Verbraucherschutz hat das nur wenig zu tun, sondern mit politischer Nähe und Bildern davon, wie gutes Marktdesign aussieht.

Die Folgen dieses Einheitsdesigns von Verbraucherinteressen, die sich im übrigen auch in der wachsenden G-BA Bedeutung materiell niederschlägt, hat aktuell noch fast niemand auf dem Schirm.

Es geht, so mein Anliegen, nicht darum, die Institution VZBV oder den Verbraucherschutz schlecht zu machen. Aber es geht mir schon darum, ins Licht zu rücken, wenn Marktmechanismen durch Meinungsmarktmechanismen ersetzt werden und ein dynamisches tägliches Marktverhalten durch oligopolisierung und Kanalisierung von Interessen auf dem Markt der Meinungen Marktwirtschaft entschleunigt. Und „entmarktet“.

Die Frage: Wie wird dem mündigen Verbraucher bewusst, dass er mündig ist?

P.S. Und noch eine Info: ich erinnere mich, dass der Hotelverband auch mal eine Onlineplattform schaffen wollte. so ist das mit Gemeinschaftsinitiativen. die kommen nicht aus den Pötten, weil sie einfach gegenüber Märkten zu langsam sind.

Handelsblatt, 27.7.2013

Die Wut der Hoteliers

Betriebe sind auf Buchungsportale wie HRS angewiesen – stöhnen aber über deren Provisionen.

— Kartellamt schaltet sich zum zweiten Mal ein.

— Hamburger Nobelhotelier will HRS boykottieren.

Steakhauskönig Eugen Block (“Block House“) erfüllte sich vor 28 Jahren den Lebenstraum. An Hamburgs Rothenbaumchaussee errichtet er Deutschlands größtes Fünf-Sterne-Privathotel: das Grand Elysée. 100 Millionen Euro steckte der Hotelkaufmann später in die Erweiterung, mehr als 600 eigene Kunstwerke – Gemälde und Grafiken, Skulpturen und Fotografien – spendierte er dem 511 Zimmer großen Luxusanwesen.

Doch um die Früchte seiner Arbeit sieht sich der heute 72-Jährige betrogen. An Blocks Investment, das zeigt ein Blick in den Geschäftsbericht, verdienen Fremde inzwischen deutlich besser als er selbst. 4,6 Prozent vom Umsatz blieben der Eugen Block Holding zuletzt vor Steuern. Die Hotel-Buchungsportale, die im Internet einen Teil seiner Suiten vertreiben, kassierten dagegen das Drei- bis Fünffache. Mit 15 Prozent des Zimmerpreises lässt sich Marktführer HRS entlohnen, andere verlangen noch mehr.

„Trittbrettfahrer“ seien dies, schimpft Eugen Block. Dabei böten HRS & Co. allenfalls mangelhafte Auskünfte über die tatsächliche Leistung der Hotels. Aus Protest versucht es der Unternehmer jetzt mit einem Alleingang. „Ich erwäge, dort auszusteigen“, kündigte er gegenüber dem Handelsblatt an. Er sei zuversichtlich, dass Branchenkollegen diesem Vorbild folgten.

Was den Hotelier besonders wurmt: Die mächtigen Buchungsplattformen erlauben es ihm faktisch nicht, deren Offerten für sein eigenes Hotel zu unterbieten – nicht einmal als „Last-Minute-Angebot“ abends an der Rezeption. Per „Meistbegünstigungsklausel“ lassen sich die Portale stets den günstigsten Verkaufspreis einräumen. „Das ist ein Missbrauch von Marktmacht“, kritisiert Block.

Seit Donnerstag erhält der Gastronom Schützenhilfe vom Bundeskartellamt. Es schickte HRS zum zweiten Mal eine Abmahnung, weil der Kölner Vermarkter durch die Meistbegünstigungsklausel den Wettbewerb behindere. „Wir haben auch andere Reservierungsportale im Visier“, sagte ein Sprecher. Schon im Februar 2012 hatte das Kartellamt HRS wegen Wettbewerbsbeschränkungen abgemahnt. Denn neben den besten Hotelpreisen verlangten die Kölner stets die höchste Zimmerverfügbarkeit und die günstigsten Buchungs- und Stornierungskonditionen. Hotels, die nicht mitspielten, sperrte HRS kurzerhand für weitere Buchungen.

„Seit dieser ersten Abmahnung ahnden wir es nicht mehr, wenn Hotels gegen die Bestpreisklausel verstoßen“, wunderte sich eine HRS-Sprecherin über die erneute Abmahnung. Beim Hotelverband Dehoga heißt es aber, kaum eine Herberge traue sich, gegen die HRS-Preisvorgabe zu verstoßen. Die Bestpreisklausel sei schließlich nur für die Dauer der Kartellamtsuntersuchung ausgesetzt.

Solche Vereinbarungen hält das Kartellamt für fragwürdig, weil eine nicht erlaubte Preisbindung eingegangen wird. Besonders brisant werde es, sobald ein Portal als „marktmächtig“ einzustufen sei. Nach den Regeln der EU gilt dies ab einem Marktanteil von 30 Prozent.

Den schafft HRS locker. Wie der Hotelverband IHA ermittelte, managt die HRS-Gruppe gut 50 Prozent aller deutschen Internetportal-Buchungen. Booking.com folgt mit einem Anteil von 28,5 Prozent, der US-Rivale Expedia kommt mit 7,6 Prozent auf Rang drei. Beide HRS-Wettbewerber, berichten Hotelbetreiber, verlangen für ihre Dienste bis zu 25 Prozent vom Umsatz.

Das Volumen ist beachtlich. Jede fünfte Hotelbuchung, fanden die von IHA beauftragten Forscher heraus, läuft über eines der Buchungsportale. Über sie buchten deutsche, österreichische und Schweizer Hotelgäste zuletzt Zimmer für 7,6 Milliarden Euro.

Groß werden konnten die Portale freilich nur, weil die Hoteliers das Geschäft mit den Onlinebuchungen verschliefen. „Mit den hohen Provisionen für die Internetportale finanzieren die Hoteliers ihre eigene Bedeutungslosigkeit im Netz“, sagt Marco Nussbaum, Mitbegründer und CEO der Bremer Hotelkette Prizeotel. Ohne die Hilfestellung der Buchungsportale seien die Hotelbetreiber heute chancenlos.

Längst sitzt das Beherbergungsgewerbe in der Falle. Sollte das Kartellamt die Meistbegünstigungsklausel kippen, könnte es am Ende sogar noch schlimmer kommen. Die Portale sähen sich möglicherweise gezwungen, dem Vorbild von Google zu folgen – und selbst dann einen Klick auf die Hotelseite zu berechnen, wenn der Kunde gar nicht bucht. „Das würde dann“, warnt Nussbaum, „noch viel teurer.“

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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