Von Berlin lernen …..

heißt verlieren lernen, so könnte man das Kreuzberger Flüchtlingsdrama bilanzieren. Was die FAS heute tut. Kernbotschaft: Die Berliner Politik steht, die Linke ist dabei nicht erwähnt, wie eine Ansammlung von Deppen da. Niemand ist es gewesen: Die grüne Bezirksbürgermeisterin und ihr Vorgänger hat das Flüchtlingscamp lange als Schauwunde in der heilen deutschen Demokratiewelt offenhalten wollen, die CDU wollte sich mal als Horde harter Hunde präsentieren, der Regierende hat seinen präsidialen Schwebezustand nicht verlassen und gutsherrenmäßig seine Integrationsministerin mal machen lassen. Die hat es tatsächlich geschafft, das Menetekel aus der Welt zu schaffen, Chapeau! Und jetzt dürfen sich wieder die übrigen Null-Risiko-Experten die Welt geradeinterpretieren.

Ein Lehrstück darüber, wozu Politik verkommt, wenn sie nicht aufpasst.

Politiker verändern die Welt nicht, Politiker verändern lediglich die Interpretation über die Welt. Und in dieser Interpretation spielen sie dann eine große Rolle.

Beim Kreuzberger Flüchtlingsdrama haben fast alle nur darauf geachtet, ihren Klientelblickwinkel aufrecht zu erhalten. Die Grünen, gerade die Kreuzberger Grünen, der Nachhut des linken Vorwendetraditionalismus vermischt mit hohem Kriegsdienstflüchtlingsanteil gibt sich als Interpret des großen Weltgeistes und zeigt Verständnis. Zur CDU ist alles gesagt und der Regierende mäandert dazwischen. Alle wollen mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel Publicity erreichen.

Von außen betrachtet nennt man das Stillstand, politiktheoretisch Verantwortungsverweigerung.

Die europäische Flüchtlingspolitik ist, wie sie ist. Die starken Binnenländer, allen voran Deutschland, haben das Flüchtlingsproblem an die europäischen Grenzen verlagert, an Afrikas Grenzen wurden Auffanglager finanziert und niemand will so genau wissen, wie diese „Grenzagentur“ Flüchtlinge abwehrt.

Weil Hunger treibt und weil in Afrika auch Geld vorhanden ist, bilden sich Geschäftsmodelle, die heißen Fluchthilfe. Und wer ums Überleben kämpft, fragt nicht lange, wie seriös das Ganze ist.

Grüne und Linke sagen dann immer, wenn wir eine gute Flüchtlingspolitik machen, dann lässt der Druck an der Grenze nach. Würde er das? Es ist eine einfache Frage: Wann treffen sich Angebot und Nachfrage nicht mehr? Wann würde es gelingen, die gut ausgebildeten Afrikaner mit Visum nach Europa zu lassen, bis so viel Geld abgeschöpft wurde, dass die Nachfrage nach Fluchthilfe zusammenbrechen würde.

Es gibt keinen Grund, warum das Geschäftsmodell Fluchthilfe enden sollte, wenn plötzlich einige legal ins Land dürften. In den USA klappt das übrigens auch nicht.

Hier kommen wir an den parteiübergreifenden Konsens: Lieber ein Problem so lange neu interpretieren, bis man es nicht mehr kann.

Warum hat eigentlich keiner der Politiker den Mumm die traurige Wahrheit auszusprechen: Dass wir, der Westen, klar privilegiert ist. Postmaterialistischer Imperialismus. Das Wir, Europa, halb, weil wir künftig nur noch eine Minderheit sind und halb, weil wir unsere Maßstäbe auch ernst nehmen, eine Abwägung treffen müssen. Innen gegen außen. Und dass es da keine gute, gerechte Lösung gibt. Sondern nur mehrere mehr oder weniger gute Optionen. Die Welt ist ungerecht.

Wenn man diese Argumentation mit der Scheinargumentation auf der politischen Bühne vergleicht, bekommt man einen Eindruck davon, was Politik heute treibt: Den Rest von Verantwortungssimulation zu erhalten, sich selbst als Problemlöser zu inszenieren. Und darüber die reale Problemminderung zu vergessen.

Traurig, aber wahr. Ich behaupte, die meisten Menschen ahnen, wie das so ist. Und daher rührt ein nicht unerhebliches Maß an Politikerunzufriedenheit. Die Menschen haben die Nase voll von Heile Welt-Simulationen. Sie gucken nach links und rechts, sie reden miteinander. Sie ahnen die Differenz zwischen realer Welt und der politischen.

Besonders für Grüne tickt da eine Zeitbombe: Die Grünen sind als „Agendasetter“ groß geworden. Das ist solange gut gegangen, so lange die anderen Parteien ignorant genug waren, zu erkennen, dass die Grünen gefühlte Mehrheitsinteressen gegen existierende Minderheitsprivilegien einklagen. Umweltschutz nutzt allen Bürgern, über den Tag hinaus nachdenken auch, die Energiewirtschaft aus der fossilen Zwangsjacke zu befreien auch. Beim Flüchtlingsproblem ist das anders. Mehr Flüchtlinge nach Europa lassen, bedeutet auch mehr Fremdes herein zu lassen. Da kann man argumentieren, wir brauchen junge Menschen und Zuwanderung, das ist auch ok so. Aber es ist in unserem eigenen Interesse und nicht wegen mehr Menschlichkeit. Und hier wird sich die Zukunft der Grünen entscheiden: Werden sie ihrer neue Rolle gerecht, Verantwortung auch für unangenehme Wahrheiten und damit auch, für unangenehme Entscheidungen zu übernehmen? Das fängt beim Stommasten an und hört bei den Flüchtlingen auf. Die Tage grüner Unschuld sind vorüber. Die Bürger und Bürgerinnen verlangen von ihnen eine Verantwortungserzählung. Grün, die machen das. Nicht, Grün, die träumen sich weg.

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

Schreiben Sie einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .