Der ist nicht schlecht. Manche Werber verstehen halt doch ihr Geschäft. Aus dem Handelsblatt.
Lernen von Putin
Was kann das Marketing eigentlich vom russischen Präsidenten Wladimir Putin lernen? Zum Beispiel, dass Handeln eindeutig stärker ist als Reden. Oder auch: Dass Fokussierung über Gefallsucht siegt.
Catrin Bialek | Dienstag, 1. April 2014, 20:00 Uhr
Der innere Moralapostel jault auf: „Von einem Völkerrechtsbrecher lernen? Niemals!“ Doch die Neugier siegt, wie macht der das nur?
Wladimir Putin hat die Regel Nummer eins der Kommunikation verinnerlicht und ist damit gnadenlos erfolgreich, nicht erst seit der Krim-Krise: Handeln ist stärker als Reden.
Mit nacktem Oberkörper agieren heißt: Meine Muskelspiele sind keine leeren Drohungen. Wahlweise Großfische jagen, Bären erlegen, Wildpferde bezwingen bedeutet: Mit mir ist nicht gut Piroggen essen. Für Winterspiele ganze Dörfer und Berge versetzen, na ja: Ich kann halt Dörfer und Berge versetzen.
Was kann das Marketing vom russischen Präsidenten lernen? Zum Beispiel, dass der, der ein Service-Image anstrebt, lieber genug Service-Kräfte einstellen sollte, bevor er Anzeigen mit Service-Sieger-Siegeln schaltet.
Putin demonstrierte freilich noch mehr Gesetze effektiver Kommunikation. Na klar gewinnt man keinen Sympathiepreis, wenn man Elitetruppen beim Nachbarn einmarschieren lässt. Aber er hat sein Ziel erreicht. Und wir lernen Regel Nummer zwei: Fokus siegt über Gefallsucht. Wer für alle alles sein möchte, scheitert. Es reicht, eine Sache richtig gut zu machen. Eine Position zu besetzen heißt für Marken eben: andere bewusst aufzugeben.
Was lernen wir noch? Die russische Wirtschaft schwächelt, die Erfolgsstory bröckelt. Aber seit Putin nach außen Stärke demonstriert, steigen im eigenen Land seine Popularität und der innere Zusammenhalt. Nummer drei: Die stärkste Kommunikation nach innen ist die nach außen. Manch eine Mitarbeiter-Motivationskampagne ist nach dieser Devise überflüssig oder kontraproduktiv.
Und sonst? Wenn der Krim-Sekt kalt und der Kaviar frisch bleiben sollen, ist der Autokrat dem Gremium überlegen. Regel Nummer vier: Eine entschlossene Stimme ist stärker als jede Kakofonie. In Krisensituationen brauchen auch Marken eine klare Stimme, ein Gesicht, einen Entscheider.
Schließlich Regel Nummer fünf: Wer im „driver’s seat“ sitzt, diktiert die Regeln. Auch auf den Märkten gilt, dass Agieren mehr Freude bereitet als Reagieren. So erobert man mit aktiver Kommunikation Marktanteile – es müssen ja nicht gleich ganze Halbinseln sein.
Der Autor ist einer von sechs Kolumnisten, die an dieser Stelle im täglichen Wechsel über Kommunikation schreiben.