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Macht eine Konferenz mit allen wirklich Sinn? Oder produziert sie UnSinn?

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie NICHT ihren Arzt oder Apotheker

Jetzt geht es los mit der Digitalisierung. Und das mit einer Strategie, diesen Eindruck möchte das Gesundheitsministerium erzeugen. Sie hat dazu die gesamte deutsche Öffentlichkeit eingeladen. Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist. Und dass es Ergebnisse zeitigt. Denn darauf käme es an. 

Eine ernst gemeinte Polemik  

Eine Strategieentwicklung mit allen? Jetzt, nachdem 20 Jahre gebastelt wurde? 

Spätestens da wundert sich der kundige Leser. War da nicht was? 2003, Ulla Schmidt, Aufbruch, Gematik, ePA, digitales Rezept, DIGAs, bei denen Deutschland, wie der verflossene Herr Spahn stolz berichtete, Weltmarktführer war?  

Wir waren mal ganz vorne, heute gefühlt mittendrin, manche sagen auch, ziemlich hinterher. Und jetzt alles auf am Anfang? Und das mit Partizipation?  

“Wenn ich meine Kunden gefragt hätte, hätten sie wohl schnellere Pferde von mir verlangt”, wird Henry Ford zitiert. 

“Wenn ich meine Kunden gefragt hätte, hätten sie wohl schnellere Pferde von mir verlangt”, wird Henry Ford zitiert. Er hat dann schwarze Autos gebaut, die fuhren jedenfalls, zuverlässig, und zwar schneller als jede Pferdekutsche. Elon Musk würde ähnlich antworten, denn er hatte eine Vision, auf jeden Fall größenwahnsinnig, wie das Auto der Zukunft klimaneutral, elektrisch und selbstfahrend werden kann. BMW, Daimler und VW hatten sie nicht. Oder vielmehr: Sie hatten sie, aber, wenn Insider richtig berichten, um die Pläne schnell wieder in der Schublade verschwinden zu lassen. Jetzt, wo Tesla den Ton vorgibt, flux wieder rausgezogen. Und alle wundern sich, wie schnell das jetzt geht (sehen wir mal von der Ladesäulenproblematik ab).  

Was ich sagen will: Man darf nicht die Frösche fragen, wenn man den Sumpf trockenlegen will.  

Partizipation erhöht den Geräuschpegel, bringt aber keine Klärung! 

Und Partizipation, meine These, erhöht den Geräuschpegel rund um das Thema Digitalisierung, aber es wird keine Klärung bringen. Ministeriums-O-Ton:  

“Der Startschuss für den Strategieprozess erfolgt im September 2022 mit einer Auftaktveranstaltung in Berlin unter Beteiligung des Bundesministers für Gesundheit, Prof. Dr. Karl Lauterbach. Parallel werden vertiefende Hintergrundgespräche mit Expertinnen und Experten aus der Versorgung sowie aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und mit Patientenvertretern geführt. Gleichzeitig haben die Akteurinnen und Akteure des Gesundheitswesens und der Pflege die Möglichkeit, ihre Perspektiven und ihre Expertise über ein digitales Stellungnahmeverfahren einzubringen. Die Inhalte aus Auftaktveranstaltung, Experteninterviews und Stellungnahmen werden in Fachforen mit themenspezifischen Expertinnen und Experten aus der Praxis weiter diskutiert.” 

Warum geht Politik nicht in die Verantwortung und stellt seine Vorschläge zur Diskussion? 

 Um das mal konstruktiv zu wenden: Warum hat man nicht erst skizziert, wie man weiter vorangehen möchte und dann diese Vorschläge zur Diskussion gestellt? Warum ist das Ministerium nicht in Vorleistung gegangen und hat seine Ideen zur Diskussion gestellt? Ich nenne das Politikversagen. Lieber versteckt man sich hinter dem Gestrüpp offener Beteiligung.  

 Das Gematik Telematikinfrastruktur 2.0 Papier war doch schon ein ganz guter Aufschlag. Gut, ein rein technisches Papier, aber, um beim Autobahnbeispiel zu bleiben, muss man wirklich klären, wohin man auf der Autobahn alles fahren kann, um sie zu bauen? Und nein, man muss auch die Pferdekutscher nicht fragen, ob sie dafür sind, man muss es machen! 

Wobei wir beim Problem der Gematik sind. Kann sie es? Jens Spahn, das wird sein großes Verdienst bleiben, hat die Closed-Shop Mentalität der Gematik-Gesellschafter beendet und sich mit 51% selbst platziert. Oder vielmehr Leyck Dieken, einen Mann aus der Industrie. Ein erster Schritt. Aber warum da nicht weitermachen?  

Next Step: Die Gematik für die neue Verantwortung fit machen 

Jetzt muss die Gematik fit für die neue Verantwortung gemacht werden, 15 Jahre Jahre Nichtsdürfen hat schließlich Folgen in dieser Anstalt:  Deformation Professionelle. Da muss man jetzt durch.  

Clear Governance! Den Flaschenhals Selbstverwaltung entlasten. 

Ich komme nicht von der Idee los, klare Government-Strukturen zu schaffen: Eine starke, unabhängige Behörde, die die Infrastruktur aufsetzt und die Verantwortung für Schnittstellen und Regelsetzung hat. Und im Dialog mit denen, die darauf fahren sollen, entscheidet, welche Abfahrten wie gebaut werden. 

Und zwar schnell.  

Innovation braucht Geschwindigkeit.  

Schnelligkeit, das ist das Thema, vor dem sich alle wegdrücken. Innovation braucht Geschwindigkeit, denn erst, wenn die Infrastruktur steht, kann sich darauf etwas bewegen, egal, ob Ärzte Befunde hin und her schieben, ob Telekonsultationen erfolgen, die Sprechstunde online stattfindet oder die Daten für Forschung und Therapie genutzt werden können. Die ePA ist momentan nutzlos, auch wenn eine findige Kasse die Abrechnungdaten einspielt, einfach, um zu zeigen, es geht. (auch wenn es noch nichts nutzt). Geschwindigkeit also…..  

Verantwortungsfähige Institutionen. Das bedeutet, Institutionen Freiraum zu verschaffen, Prozesse steuern und konsolidieren zu können. 

Ein anderes Thema heißt Verantwortung. Innovation benötigt auch verantwortungsfähige Institutionen. Die Politik neigt, vor allem im Mitte Links-Spektrum sehr zu Partizipation und Runden Tischen, Konsenssuche also. Aber Partizipation und Entscheidungsgeschwindigkeit verhalten sich umgekehrt proportional zueinander. Und in der Zeitspanne, in der auf der Autobahn nichts läuft, werden alle Autobahngegner (und gegnerinnen) weiterhin behaupten, man solle das Ganze wieder einstampfen.  

Digitalisierung im Gesundheitsbereich heißt also auch, dass die Mauern eingerissen werden, die Mauern zwischen ambulant und stationär, auch die Mauern eines die Wege und Honorierung zementierenden SGB V, damit Institutionen sich bewegen können. Innovation heißt immer auch Prozesskonsolidierung, im Wirtschaftsbereich hat das ganze Unternehmen, XEROX, Canon, Blackberry weggefegt, im Gesundheitsbereich ist das komplizierter, aber wäre es nicht einfach die Aufgabe der Politik, sich dieser Komplexität zu stellen? Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann!  

Manchmal wünscht man sich Jens Spahn zurück. Aber vielleicht wäre das auch keine Lösung. Denn schließlich ist das Geld längst weg. Jetzt wäre Führung gefragt.  

P.S. Eine Arbeitsgruppe unter hat sich auf meine Initiative hin schon mal Gedanken gemacht wie eine Strategie konkretisiert werden kann: Boosting Digital Health. 

Der Link: https://bit.ly/3KWWmmL 

Nikolaus

Frühaufsteher. Politischer Beobachter aus Leidenschaft. Das Bessere in der Welt entsteht nur, wenn man und frau sich neues zu denken traut.

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